Ich will gar nicht gross auf der SPD ´rumhacken´. Fakt ist, Schröder wollte weitreichende Reformen durchsetzen und ist daran schnell aber gründlich gescheitert. Da er der aktuell letzte ´Verzocker´von Reformmöglichkeiten war bin ich auf ihn besonders sauer - auch weil ich ihn mal gewählt habe, um genau diese Fehler der Kohl Regierung zu korrigieren. Er gab sich neoliberal - und was ist passiert? Nichts als heisse Luft. Auch und vor allem weil sich die SPD nicht so weit bewegen konnte wie das nötig war (man sieht ja, dass sie schon bei den Reförmchen in 2 Teile zersprungen ist - was noch unerwartet negative Auswirkungen auf Gesamtdeutschland haben kann).
Die Kohl Regierung (wie auch die Regierungen Brandt, Adenauer) war tatsächlich nicht besser, was die Errichtung des Verteilungsstaates und vieles andere betrifft. Auch mit Hilfe der FDP - die sich in diesen Zeiten tatsächlich billigst verkauft hat (was sich hoffentlich nicht wiederholt).
Da will ich und da muss ich gar nichts beschönigen - ich habe nie für eine Kohl-Regierung gewählt.
Traurig finde ich, dass tatsächlich schon seit spätestens Kohl die grosse Steuerreform ein Thema war - und nie versucht wurde, wie so vieles damals verpasst wurden (die Renten sind sicher...auf Nobby habe ich auch Prass ohne Ende...).
Da gibt es gar nichts zu beschönigen.
Schröder hats aber auch nicht besser gemacht - darum bin ich für einen neuen Versuch - die Hoffnung stirbt zuletzt.
Sollten tiefgreifende Reformen nicht bald einsetzen - siehts düster aus für Deutschland - dann bleibe ich halt draussen, was ich sehr bedauern würde. Viele andere in meinem Alter denken ähnlich oder sind schon weg. In Zürich sind 15% Deutsche - was soll ich sagen. Viele Bekannte sind in GB, den USA oder sonstwo - weil die Perspektiven dort viel besser sind. Durchweg sogenannte Leistungsträger und somit Mitglieder des berühmten Brain Drains.
Und dass eine Reform politisch nicht durchsetzbar scheint heisst für mich keineswegs, dass sie nicht sinnvoll ist.
Zu meiner Familienplanung: Natürlich schränkt eine Familie stark ein. Wohl tut daher meiner Meinung nach derjenige, der schon den Familienwohnsitz klug wählt. Das kann jeder. Später ist ein flinker Wechsel sicherlich schwieriger - aber unmöglich ist er keineswegs - gibt genug, die das gemacht haben. Ein Haus werde ich mir garantiert vorerst nicht kaufen - weil es wirtschaftlich keinen Sinn macht - schliesslich hoffe ich, dass die Eigenheimzulage bald gestrichen wird. Ausserdem ist Grundbesitz in dieser Zeit eher ein Klotz am Bein, als ein Vorteil.
Doch auch Häuser kann man verkaufen. Ist eine Frage der Geisteshaltung - ich kenne auch ein paar Leute, die damit weniger Probleme hätten.
Aber das sind Deine Entscheidungen - und damit musst Du leben. Ich bin der Meinung, dass man in wechselhaften Zeiten in der Lage sein muss schnell auf ´geografische Herausforderungen´zu reagieren - mit Grundbesitz kaum möglich.
Gerade weil Du aber ein Familienvater bist ist mir nicht klar, wie Du den derzeitigen Schuldenaufbau und die Vernichtung von Ressourcen wie Bildung nicht vollständig verurteilen kannst. Hier geht es - ganz pathetisch - um die Zukunft Deiner Kinder. Und leider haben bisher alle deutschen Regierungen hier mitgeholfen Schulden aufzubauen. Kein einziger Überschusshaushalt - der einzig mögliche wäre einer der ersten Adenauers gewesen - doch dieser hat sich entschieden (gegen Erhard) lieber ein paar Geschenke zu verteilen als wirtschaftliches Haushalten zu beginnen.
Den Vorwurf des Sozialdarwinismus möchte ich kommentieren. Warum sollten andere für die Fehler anderer grundsätzlich und unhinterfragt bezahlen? Ist diese Überlegung schon böse? Der Vorwurf des Sozialdarwinismus ist eine gesteigerte Form des Vorwurfs sozialer Ungerechtigkeit. Dahinter steht tatsächlich nichts greifbares - er ist tatsächlich nur eine Provokation, wenn nicht gar eine Beleidigung. Du müsstest mich besser kennen, um Dir hierüber eine Meinung zu bilden.
Unleugnbar ist jedoch, dass wenn niemand die Konsequenzen für sein eigenes Handeln zu tragen hat diese Gesellschaft dem Tode geweiht ist. Dazu stehe ich. Und ich stehe auch dazu, dass die letztendliche Verantwortung für sein Leben das entsprechende Individuum selbst hat. Ich fordere sogar, dass mir diese Verantwortung nicht genommen wird - wie im Moment in Deutschland teilweise der Fall.
Der Ansatz, dass der Staat die Geschicke der Bürger in der Hand hält hat meiner Meinung nach dafür gesorgt, dass heute niemand mehr Schuld an seiner aktuellen Lebenssituation sein will (es sei denn sie ist gut). Er führt auch dazu, dass viele glauben ihr Leben alleine nicht mehr regeln zu können - was fast immer eine Fehleinschätzung ist. Staatliche Hilfe sollte daher weg von der Versorgung und hin zur Selbsthilfe gehen - was im Moment leider völlig fehlt.
Das Prinzip Leistung ist somit in Deutschland weitestgehend ausgeklammert - schliesslich ist das ja übertragen auch ein Prinzip des Dawinismus - und daher abzulehnen. Ich bin gegen solche diffamierende Begriffe - sie führen nur zum Schlechteren.
Zum Thema Erhard: Gerade weil Erhard (als Ordoliberaler) so erfolgreich war - verstehe ich die Ablehnung Kirchhofs (der ähnliche Grundsätze hat) ganz und gar nicht. Das fällt für mich unter Dummheit des Volkes.
Schumpeter kenne ich vor allem von seinen Klassifizierungen von Innovation. Davon hätte ich gerne mehr in D. So ist es mir auch unbegreiflich, wie eine Partei ´konservativ´sein wollen kann. Bzgl. meine politischen Einstellungen verweise ich auf den Wahl-o-mat thread - dann wird vielleicht manches deutlicher.
Zur Industrie noch folgendes Zitat (wer weiss von wem?
):
Ich bin ein Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und stets das gute schafft.
Marktwirtschaft ist immer auch ein bisschen ein Pakt mit einem Teufel. Allerdings bisher stets zum Nutzen beider Seiten. Und ganz ehrlich: Wo wären wir ohne Unternehmen und Markt? Nichts hat das Leben der Menschen bisher positiver beeinflusst als der Kapitalismus. Wahrscheinlich weil er darwinistischer Natur ist.
Mein Fazit: Die Geschichte Deutscher Regierungen ist eine Geschichte voller Versagen und Ängste. Im Moment ist aber der Fokus auf der derzeitigen Regierung, die 7 Jahre Zeit hatte, um wesentliche Reformen durchzusetzen - und keine einzige wirklich durchgebracht hat. Wenn ich Unternehmer wäre und mein CEO mir sagte, dass das Unternehmen wegen der Fehler die sein Vorgänger vor über 7 Jahren gemacht hat so schlecht dastünde, würde ich ihn erst auslachen und dann feuern - und dann eben den Nächsten einstellen.
Dass ich so emotional auf diese Geschichte reagiere liegt zum einen sicher daran, dass ich mich davon sehr betroffen fühle (und es ja auch bin) und dass ich mich von Schröder tatsächlich um meine Stimme von 98 betrogen fühle.