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Sonstiges => Offtopic => Thema gestartet von: flaite am 01.02.10 - 16:28:01

Titel: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: flaite am 01.02.10 - 16:28:01
... und dann noch diese Liberale, die über die fehlende Moral der staatlichen Aufkäufer jammern.
Warum erwarten sie jetzt ausgerechnet vom Staat die Befolgung der "gutmenschlichsten" moralischen Standards, trauen sie doch sonst dem Staat nix gutes zu?
Jeder Geschäftsmann hätte ohne zu zucken diese Opportunity genutzt.
Die Datenschutz Regulationen der HSBC hatte wohl halt einige Fehler. Regulationen sind halt fehlerhaft.
Die HSBC erhält die Möglichkeit, ihre Regulationen zu verbessern. Und die (potentiellen) Kunden können nach diesem Signal ja ihr Verhalten an die veränderten Rahmenbedingungen anpassen.

Das ist Evolution.
Marktwirtschaften überleben dank ihrer Anpassungsfähigkeit. Nicht durch übertrieben moralinsaure Verbote für einzelne Akteure.

Merkel ROCKS ;)




Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: koehlerbv am 01.02.10 - 16:34:01
Zustimmung. Sonst müssten wir auch gleich BND, MAD und BfV abschaffen. Und komischerweise jammern gerade wieder die Gesellen, die die neue Bundesregierung sowieso schon massiv in Verruch gebracht haben.

Bernhard (brav steuerzahlender Unternehmer aus Überzeugung)
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: atbits am 01.02.10 - 16:47:58
Hallo,

meine volle Zustimmung.

Das Problem liegt meiner Meinung nach aber in der Gesellschaft selbst.
Jeder schaut mittlerweile das Optimum für sich selbst rauszuholen.
Dazu gehört dann oftmals eben auch Steuerhinterziehung - im Kleinen (wie schwarzarbeitende Handwerker), oder im Großen (wie der liebe Hr. Zumwinkel etc.).

Leider ist das aber eben Gesamtwirtschaftlich nicht optimal.

Ich kann hierzu nur das brilliante Buch von Gunter Dück empfehlen "Abschied vom
Homo Oeconomicus". Wirklich lesenswert.

http://www.omnisophie.com/

Liebe Grüße David
(ebenfalls brav steuerzahlender Unternehmer aus Überzeugung)
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: flaite am 01.02.10 - 16:49:16
auch ein schöner Artikel:
und http://faz-community.faz.net/blogs/stuetzen/archive/2010/02/01/dem-staat-einen-steuerhinterzieher-stiften.aspx
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: Gandhi am 01.02.10 - 16:54:24
Also ich finde erst mal nichts verwerfliches daran, wenn man soetwas erst mal prüft. Und schön ist es nicht durch Verbrechen Verbrechen aufzuklären. Da stellt sich dann schon die Frage der moralischen Position und ob ich mich noch moralisch in der Lage finde jemanden zu bestrafen, nachdem ich selbst was geklaut habe. Und letztlich steht dann ein Verbrechen, bei dem es um Geld geht gegen ein anderes, bei dem es um Geld geht.
In der Sache gebe ich Euch ansonsten Recht: Solche Daten müssen gekauft werden - wenn man sonst gar nicht drankommt. Da scheint es ja wirklich um Größenordnungen zu gehen. Wird interessant sein, wer dann noch Daten anbieten wird, wenn sich das als Praxis durchsetzt...
Also ich wundere mich nur, wie solche Leute es schaffen Gelder in dem Umfang am Fiskus vorbeizulotsen - ich suche ja schon seit Jahren nach Steuerlücken und Möglichkeiten da was (legal) vorbeizuschustern - aber ich finde leider rein gar nichts ;-)

Insgesamt ist diese Regierung (und die FDP) bislang eine einzige Enttäuschung. Bleiben eigentlich keine politischen Alternativen mehr...

(Marco, brav steuerzahlender Unternehmer mangels Alternative;-))
Das sollte ich präzisieren, bevor ich mich hier (noch) unbeliebt(er) mache: Ich zahle Steuern und zahle sie gerne, wo ich sehe, dass sie sinnvoll eingesetzt werden. In DE sehe ich vor allem  wie sie verprasst werden, wie die falschen Leute keine Steuern oder nur sehr wenige Zahlen (Kapitalertragsssteuer von 25% pauschal) und finde es insgesamt schade, dass Steuerhinterziehung sehr sehr hart bestraft wird (wenn man sich nicht rauskaufen kann), Steuerverschwendung aber gar nicht.
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: Gandhi am 01.02.10 - 17:32:28
Mal ein Artikel von der Gegenseite (zum dialektischen Diskurs)..
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,675291,00.html (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,675291,00.html)
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: flaite am 01.02.10 - 18:15:54
Wer die in Deutschland angeblich so unglaublich hohe Steuerverschwendung nicht mehr unterstützen möchte, kann sich ja um eine andere Staatsangehörigkeit bemühen. Ich bezweifele, dass das vergleichsweise hier so schlimm ist. Wo gehobelt wird, gibts halt auch Verschnitt.

Politik funktioniert imho nicht nach der Erfüllung holder Prinzipien. Die Aktion erhöht die mit der Straftat Steuerhinterziehung verbundenen perzipierten Risiken.

Aus dem Artikel:
Zitat
Wenn der Staat sich seine eigene Moral in Bezug auf das Recht machen kann, warum soll es dann nicht erst recht auch der Bürger tun? Ist nicht der Staat als Rechtsstaat viel strenger als seine Bürger ans Recht gebunden? Ist das Recht nicht gerade dazu da, den ohnehin zu mächtigen Staat in seine Schranken zu weisen, auf dass er nicht alles tun kann, was er für zweckmäßig hält?
Der Macht des Staates ist in einer globalisierten Welt mit systemrelevanten Banken ohnehin Schranken angelegt. Er wird nach meinem Verständnis in einer sich zunehmend globalisierenden und ökologisch bedrohten Welt zu einer Art Soldidargemeinschaft. Zu einem ständigen Kompromiß zwischen unterschiedlichen Lebensentwürfen. Der Staat darf sicher nicht alles, er ist aber auch nicht an in ein zu enges Regelwerk eingebunden. Und dafür gibts keine göttlichen Regeln. Das sollte fallweise entschieden werden.  
Eine Ablehnung des Kaufes würde nach meinem Verständnis dem Rechtsempfinden der real existierenden demokratischen Gesellschaft mehr Schaden zufügen.  
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: koehlerbv am 01.02.10 - 18:24:41
Mal ein Artikel von der Gegenseite (zum dialektischen Diskurs)..
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,675291,00.html (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,675291,00.html)

Blödsinn, was dort geschrieben steht:
Zitat
Er maßt sich an, über dem Strafrecht zu stehen: Der Ankauf gestohlener Ware um des eigenen Vorteils willen ist Hehlerei, Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren, der Versuch ist strafbar.

Was schwätzt Thomas Darnstädt da vom eigenen Vorteil?? Es geht vielmehr um die Verhinderung von Schäden - denn die fehlenden Steuergelder müssen ja die anderen Bürger aufbringen. Und für *deren* Schutz ist der Staat da!

Abgesehen davon: Im Inland haben wir Bürger (mehr oder weniger) unseren Staat bevollmächtigt, unsere Geldbewegungen zu kontrollieren. Das ist also Recht - und der Einblick in weitere Quellen nicht? Die Leute, um die es geht, haben deutsches Recht gebrochen, und es wird nun gejammert, dass wir das Recht, welches in einem anderen Staat gilt und mit unserem kollidiert, durch den Rechtsbruch eines anderen nicht achten (wohlgemerkt: *Wir* brechen es nicht!).

Dass die Steuergerechtigkeit hierzulande auch nicht in Ordnung ist (und die jetzige Bundesregierung daran wohl auch nichts zum positiven ändern wird), ist sicherlich beklagenswert, sollte aber mit dieser Diskussion nicht vermengt werden.

Bernhard
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: Gandhi am 02.02.10 - 09:33:15
Zitat
Wer die in Deutschland angeblich so unglaublich hohe Steuerverschwendung nicht mehr unterstützen möchte, kann sich ja um eine andere Staatsangehörigkeit bemühen. Ich bezweifele, dass das vergleichsweise hier so schlimm ist. Wo gehobelt wird, gibts halt auch Verschnitt.
Für solchen Fatalismus bin ich wohl noch zu jung.
Was ich an Verschwendung meine ist auch weniger eine mehrfach gebaute Brücke o.ä. Aber so was regt mich auf: http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,675361,00.html (http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,675361,00.html)

Und die Sache mit der Rechtsstaatlichkeit sehe ich differenzierter.
Organisationen, wie z.B. der BND haben die Aufgabe Gefahren für Leib und Leben bzw. die Freiheitlich Demokratische Grundordnung abzuwenden.
Insofern ist es klar, dass die tatsächlich auch illegale Mittel verwenden (sollten), wo hohe Rechtsgüter in Gefahr sind. Das gleiche gilt für die Polizei, wenn sie z.B. Drogen ankauft, um an deren Vertriebsorganisationen zu kommen.

Was immer bedenkenswert sein sollte, ist die nun stattfindende Nutzung solcher Methoden für die Aufklärung geringeren Rangs, also z.B. dort, wo es primär um Geld geht.

Im Grunde gebe ich Euch ja Recht, dass die Daten gekauft werden sollten, was mich jedoch nicht von dem schlechten Gefühl befreit, dass dem in meiner Meinung anhaftet.

Das ist ähnlich, wie mit dem genetischen Fingerabdruck, der dann für Ladendiebstahl oder Überwachung am Arbeitsplatz verwendet werden könnte.

Ich finde also, es kommt da auch auf die Argumentation an: Zur Herstellung der Steuergerechtigkeit finde ich das in Ordnung, weil Gerechtigkeit eben in dieser Gesellschaft ein hohes Gut ist/sein sollte - wegen der 100 Mio alleine - nicht - auch nicht zur Aufklärung des Deliktes der Steuerhinterziehung (wobei ich mir da wiederum nicht ganz einig bin).

Ach ja:
Zitat
Der Staat darf sicher nicht alles, er ist aber auch nicht an in ein zu enges Regelwerk eingebunden. Und dafür gibts keine göttlichen Regeln. Das sollte fallweise entschieden werden.    
Das widerspricht der Idee des Rechsstaates nun vollkommen...Regeln sind festgeschrieben und sind einzuhalten - von allen Teilnehmer an diesem 'Spiel' also auch bzw. besonders von dem Spielleiter, dem Staat.
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: Gandhi am 02.02.10 - 09:35:04
Ach ja, gerade gefunden - nur zur Relativierung des Titels:
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,675358,00.html (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,675358,00.html)
Soviel zur 'liberalen' Entrüstung.
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: Glombi am 02.02.10 - 09:51:51
Es gibt zum Glück auch noch vernünftige Leute, die den Staat nicht zum Hehler machen wollen. Den Typen, der die CD hat, sollten sie einsperren. Ansonsten kann man bald wohl wie im alten Rom jeden verpfeifen und wie im Mittelalter an den Pranger stellen lassen.

Ich denke, die ganze Diskussion soll die Steuerhinterzieher in Angst und Schrecken versetzen, so dass die sich selbst anzeigen. Eine illegal beschaffte CD soll nun vor Gericht verwertbar sein. Das glauben auch nur die Populisten in den Parteien...
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: ata am 02.02.10 - 10:18:49
... für mich stellt der Ankauf einen Rechtsbruch dar. Es ist fraglich, ob die Urteile dann haltbar sind. Fraglich auch, welche Kosten hierbei noch entstehen werden. das man den Steuerhinterziehern des großen Stils das Handwerk legen sollte ist unbestriiten. Es ist aber nicht Wert dafür unser Rechtssystem auszuhöhlen und aufs Spiel zu setzen. Es ist ein Diebstahl passiert mit persönlichen Daten, das Diebesgut wird nun verhehlt. Wer Diebesgut ankauft macht sich strafbar. Das ist gültiges Recht und kann nicht nach Belieben gebrochen werden. Das wäre der Anfang vom Ende eines Rechtsstaates, wenn es nach Gusto moduliert werden kann. Es käme einer Willkür gleich, die über Stimmungsmache Rechtfertigung sucht - und das hatten wir schon vor und während der Mauer auf beiden Seiten.

Ein zweiter Aspeckt ist: 100 Millionen sind viel Geld - sicherlich - eine Milliarde ist zehnmal so viel - und wieviele davon werden durch unsinnige Untersuchungen verpulvert? Der Bundesrechnungshof zeigt das Jahr um Jahr. Die Verhältnismäßigkeit ist hier nicht gewahrt. Unser Rechtssystem wird vorgeführt - und die Dreistigkeit der Politiker in den Argumentationen: ein "bißchen" Rechtsbruch muß doch erlaubt sein, wenn man damit Bösewichter greifen kann. Wir verlieren mit dem Ankauf der Daten Verlässlichkeit in unser Rechtssystem. Das ist der Nährboden für Extremisten - egal welcher Couleur...

Toni
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: koehlerbv am 02.02.10 - 10:27:59
Nur mal als kleiner Einwurf: Die CD wird später vor Gericht überhaupt nicht benötigt, die ist "nur" so etwas wie ein "Tippgeber".

Bernhard
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: Gandhi am 02.02.10 - 10:37:20
Ohne die CD gäbe es gar kein Verfahren. Sie stellt den Anfangsverdacht her und erfüllt im Sinne der Regel 'Conditio sine qua non' ein Glied in der Beweiskette dar, ohne dass es zu keiner Verurteilung kommen könnte.
Was ich kommen sehe: Die Schweiz wird mit Sicherheit jedes Rechtshilfegesuch ablehnen, was aufgrund so beschaffter Beweismittel gestartet wird, insofern werden nur die belangt werden können, die leichtsinnigerweise Unterlagen in DE haben.
Ob also die CD unter den Umständen überhaupt irgendeine Wirkung haben wird ist aus meiner eingeschränkten Sicht vollkommen unklar und damit ein weiterer Grund das sehr genau abzuwägen, ob man die kauft oder nicht.
Auf der anderen Seite hat der Boulevard längst entschieden und diejenigen, die sich dem Kauf verweigern werden es sich bei den Wählern, bzw. der Mehrheit verscherzen.
Solchen Populismus erachte ich als höchst schädlich bzw. gefährlich.
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: ata am 02.02.10 - 10:38:22
... "Tippgeber" verniedlicht die Straftat - es ist und bleibt Hehlerei, denn die Daten wurden gestohlen und nicht "getippelt"...

Toni
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: Thomas Schulte am 02.02.10 - 10:53:18
Nur ein kleiner Tipp aus dem Steuerrecht ...
http://www.finanztip.de/recht/steuerrecht/ur40g98039.html

Unsere Finanzleute sehen das aus Ihrer Kenntnis so, das die Beschaffung der Daten von der Verwertung klar getrennt sind. Hat die Finanzbehörde die Daten in der Hand, egal wie sie da ran gekommen sind, ergibt sich eine Verwertungspflicht.

Die Diskussion kann also nicht lauten, dürfen die das was sie da haben auch verwenden, sondern eher darf egal wer das kaufen.

Und nüchtern betrachtet ist es so, das bereits mit dem letzten Ankauf von Daten (Zumwinkel und Co.) Fakten geschaffen wurden. Hätten die Finanzbehörden also gehandelt wie vor zwei Jahren, nämlich erst kaufen und dann bekanntgeben hätten sie die jetzt auftretende Diskussion vermeiden können.

Rechtlich ist das natürlich mehr als nur grenzwertig. Persönlich gefällts mir.
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: flaite am 02.02.10 - 10:54:19
Insofern ist es klar, dass die tatsächlich auch illegale Mittel verwenden (sollten), wo hohe Rechtsgüter in Gefahr sind. Das gleiche gilt für die Polizei, wenn sie z.B. Drogen ankauft, um an deren Vertriebsorganisationen zu kommen.
Diesen Hehlereivorwurf kann ich nun wirklich nicht mehr nachvollziehen. Zur Aufklärung von Straftaten werden öfters Gesetze gebrochen. Insbesondere unter der Bedingung einer nun wirklich statistisch nachweisbaren zunehmenden sozialen Ungleichheit, muß Steuerhinterziehung entschlossen nachgegangen werden. Sonst geht hier nämlich die Bindung weiter Teile der Gesellschaft zum Staat flöten. Und das sehe ich als problematischer als etwa die Kriminalisierung des Drogenkonsums an, der in den letzten 20 Jahren nun wirklich eher dazu geführt hat, dass Teile unserer Probleme nach Kolumbien, Afganistan oder Maroko ausgelagert werden. Für mich nicht nachvollziehbar, sind westliche Gesellschaften offenbar leider nicht in der Lage, ohne verbotene Drogen zu leben. Die Leute konsumieren hier weiter und in Kolumbien alimentieren sich ausserhalb jeder zivilisatorischer Vorstellung denkende und agierende Banden von den hohen Erträgen, die durch die Kriminalisierung ermöglicht werden.

Es geht auch nicht darum, dass Leute an den Pranger gestellt werden sollen. Die entsprechenden Verdachtsmomente sollen in einem regulären rechtsstaatlichen Verfahren nachgegangen werden.
  
Politik besitzt in einer demokratischen Gesellschaft immer gewisse populistische Elemente. Das muß nicht direkt argentinische Verhältnisse annehmen. Im übrigen existieren konkurrierende Populismen. Erinner da nur mal an die empirisch deutlich widerlegte Laffer-Curve Argumentation der FDP im Wahlkampf -> Wenn man die Steuern senkt, nimmt der Staat aufgrund der daraus folgenden Wachstumseffekte mehr Steuern ein. Dies ist bereits unter Reagan und anderswo nun einmal gescheitert. Alle mir bekannten empirischen Untersuchungen kommen zu dem Ergebnis, das diese Rechnung praktisch nie aufgeht.  

Wenn Steuerhinterziehung nicht entschlossen verfolgt wird und die systematische Aushölung gesetzlicher Grundlagen von Nachbarländern in Folge der Spielregeln, die nun einmal gewisse Anreize für die Banken gewisser Kleinstaaten schaffen, mit seltsam konstruierten Scheinargumenten aufrecht erhalten wird, gewänne ich Verständnis für Langzeitarbeitslose, die dann auch die ihnen zur Verfügung stehende opportunities ausnutzen (Bankraub, Entführung). In Ländern mit sehr ungerechten Steuersystemen tun sie dies nämlich erstaunlich häufig.

Marco,

auf dieser Welt gibt es keinen Staat, der seine Mittel völlig effektiv allorziert. Komplexe Systeme sind halt nicht völlig effizient und werden es nie sein. Mit deiner Argumentation wirst du Steuern immer und überall als Zumutung empfinden.

Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: ErwinFK am 02.02.10 - 11:13:44
... wir bewegen uns mit dieser Geschichte auf ganz dünnem Eis. Wie sagt Herr Schäuble sinngemäß - Wir haben das schon mal gemacht, wie säh es da aus, wenn wir es diesmal nicht machen würden. Auf den Gedanken, daß damals vielleicht schon ein Fehler gemacht worden ist, der nicht wiederholt werden sollte, kommt er erst gar nicht. Für mich öffnet das dem Denunziantentum Tür und Tor - das hatten wir schon mal.


Erwin
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: ata am 02.02.10 - 11:21:14
... Denunzianten hat es schon immer gegeben - und wird es immer geben. Hier handelt es sich nicht nur um einen Denunzianten, sondern um einen Dieb, der sein Diebesgut an den Staat verhehlt...

Toni
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: Gandhi am 02.02.10 - 11:22:59
Zitat
Marco,

auf dieser Welt gibt es keinen Staat, der seine Mittel völlig effektiv allorziert. Komplexe Systeme sind halt nicht völlig effizient und werden es nie sein. Mit deiner Argumentation wirst du Steuern immer und überall als Zumutung empfinden.
Das ist zwar inzwischen etwas offtopic aber:
1. Ja, 100%ig perfekte Ausgaben finden nie statt. Entropie gewinnt immer.
2. Wenn man eine mangelnde Effizienz als gegeben anerkennt, wird man da auch nie etwas dran verbessern (in meinen Augen fatal)
3. Steuern werden quasi immer als unzumutbar empfunden (sogar in der Schweiz - bei sehr geringem Steuersatz, was mich seinerzeit wirklich gewundert hat) - gerade darum empfinde ich es als Pflicht aller für den Staat Agierenden diese so effizient wie möglich einzusetzen. Da sehe ich Verbesserungsmöglichkeiten.

Der Vorwurf der Hehlerei ist ganz einfach: Erwerb bzw. Verwertung gestohlender Waren (dazu zählen auch Daten) ist verboten. Egal ob das eine natürliche Person, eine juristische Person oder eben der Staat tut.
ABER: Es gibt in DE immer auch die Möglichkeit folgenlos Recht zu brechen und zwar dann, wenn ein höheres Rechtsgut bzw. eine vorrangiges Recht ansonsten verletzt würde.
Beispiel dafür ist zum Beispiel das Recht auf Selbstverteidigung. Da wird man dann zwar immer formal wg. Körperverletzung angezeigt, aber aufgrund der konkreten, gegenwärtigen Gefahr auf Leib, Leben, Eigentum,... werden die Ermittlungen dann zu Deinen Gunsten abgeschlossen.
Ähnliche Konstrukte finden sich zum Beispiel auch beim finalen Rettungsschuss, bei Drogenkauf bzw. verdeckter Ermittlung, beim Blutalkoholtest (Körperverletzung), sogar Notoperationen etc.
Aber in all diesen Fällen muss eine Abwägung stattfinden, welches Recht bzw. wessen Rechte Vorrang haben. Genau das ist die in den Medien diskutierte Skepsis dem Kauf gegenüber - und ich finde sehr wohl, dass das genauestens geklärt werden muss, BEVOR man sich zu einem Kauf äußert.
Ansonsten stampfen wir den Rechtsstaat u.U. für läppische 100 Mio und ein gutes Gefühl bei den Massen ein - das darf nicht sein.

In diesem Fall wäre ich dafür zu kaufen, wenn jemand mit Sachverstand glaubhaft argumentieren kann, dass ansonsten das Grundrecht auf Gleichheit verletzt ist (was passiert dann aber im Bereich Schwarzarbeit, ...). Alle anderen Argumente, wie Einnahmen, Strafverfolgung - rechtfertigen aus meiner Sicht auf keinen Fall den Kauf unter diesen Bedingungen.

In jedem Fall ist es eine unschöne Situation - und ich finde, man sollte sich auch mal überlegen, wie es überhaupt möglich ist, in diesem Umfang Gelder am Fiskus vorbeizubringen. Ist das die berühmte Eisbergsspitze, könnte man hier ggf. deutlich mehr Einnahmen vollkommen regulär erzielen.
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: ata am 02.02.10 - 11:30:39
Ich denke das Rechtssystem der Schweiz mit dem Bankengeheimnis macht dieses erst möglich. Fällt dieses, dann werden vermutlich andere Kanäle gefunden. Man war in den letzten Jahren dabei hier Boden gut zu machen - das wird nun mit dem Diebstahl aufs Spiel gesetzt. Die Schweizer Abgeordneten haben hierzu zum Teil bereits deutlich Stellung bezogen - wen verwunderts...

Die Verhältnismäßigkeit ist meines Erachtens nach nicht gegeben. Es steht kein Leben direkt oder indirekt auf dem Spiel...

Toni
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: Glombi am 02.02.10 - 11:32:53
Muss der Datendieb seine Einkünfte über 2,5 Mio Euro, wenn er die CD "verkauft", eigentlich versteuern? Und falls ja, wo?
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: klaussal am 02.02.10 - 11:38:29
Zitat
Vor der Bundestagswahl haben Union und FDP noch einen Bürokratieabbau versprochen - nun will die schwarz-gelbe Bundesregierung die Ministerialbürokratie um mehr als 1000 Stellen ausbauen.

Wenn ich das lese, dann frag ich mich: wofür bezahle ich eigentlich Steuern ?
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: Gandhi am 02.02.10 - 11:39:08
Zitat
Ich denke das Rechtssystem der Schweiz mit dem Bankengeheimnis macht dieses erst möglich
Genau darüber sollte man sich Gedanken machen, warum dies Jahrzehntelang geduldet wurde - genau da hätte der Staat absolut Einfluss drauf gehabt. Ein Schelm, wer böses dabei denkt...
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: ata am 02.02.10 - 11:45:43
Zitat von: glombi
Muss der Datendieb seine Einkünfte über 2,5 Mio Euro, wenn er die CD "verkauft", eigentlich versteuern? Und falls ja, wo?

Vermutlich versteuert er in England - im Knast - wäre zumindest gerecht...  :-X :-\ ;) >:(

Toni
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: MOD am 02.02.10 - 11:56:21
Diesen Hehlereivorwurf kann ich nun wirklich nicht mehr nachvollziehen. Zur Aufklärung von Straftaten werden öfters Gesetze gebrochen.
Wo, in Deutschland? Ein Freund von mir regt sich jedesmal auf, dass er im Gegensatz zu den Kriminellen sich an Gesetze halten muss und die auf der Gegenseite nicht.
 ;D
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: ata am 02.02.10 - 12:07:42
Zitat
Wo, in Deutschland?

... da fällt mir sehr vieles ein - Parteispendenfinanzierungen, der Fall Schreiber (Waffenhändler) und der Gedächtnisverlust von hochrangigen Politikern bis hin zum Kanzler, Persönlichkeitsrechte von Inhaftierten (bei Baader-Meinhof mehrfach der Fall) u.v.m.

Entschuldigt aber nichts...

Toni
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: flaite am 02.02.10 - 13:27:30

Ansonsten stampfen wir den Rechtsstaat u.U. für läppische 100 Mio und ein gutes Gefühl bei den Massen ein - das darf nicht sein.

Wie du ja bereits gezeigt hast, ist es völlig normal, dass die Exekutive zur Aufklärung von Strafdaten im Fall von Drogen-Dealerei auch gewohnheitsmässig gültige Gesetze bricht.
Wir steuern auf eine Situation zu, in der aufgrund der Haushaltslage schwere soziale Schnitte nötig werden. Die (btw. sozialistische) spanische Regierung turnt das gerade vor. Das gibt dann wieder eine große Debatte. Und wenn die dann noch vor dem Hintergrund geführt wird, dass 2 oder 3 Jahre vorher Steuersünder wegen aus meiner Sicht besser in die Zeit der deutsche Romantik passenden Argumenten nicht weiter verfolgt wurden, wird das hier endgültig völlig irreal.
Als die US-Steuerfahndung auf den Trichter kam, dass Schweizer Banken in den USA systematisch Marketing-Veranstaltungen abhielten, um das gutbetuchte Klientel zu einem Steuerbetrug zu überreden, griffen sie auch zu allemöglichen Tricks. Etwa wurde Steuersündern, die auspackten, Straffreiheit gewährt. Oh. Da macht sich der Staat zum Erpresser.  

Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: Gandhi am 02.02.10 - 13:50:20
Lass es mich so sagen:
In einem Rechtsstaat zu leben ist für mich ohne Alternative (so teuer das auch sein mag).
Wenn der Staat gewohnheitsmäßig das Recht bricht, ist das kein Rechtsstaat mehr.
Darum hoffe ich auf individuelle Prüfung bei 'notwendigen' Rechtsbrüchen und nicht auf gewohnheitsmäßiges Nutzen jeder Gelegenheit den Staatssäckel aufzubessern.

Wenn es darum geht, wie der Staat am meisten Kohle bekommt, empfehle ich: Enteignungen, Menschenhandel, Organhandel (siehe China),...

Krasse Beispiele - aber wo ist die Grenze zu ziehen? Ohne Diskussion sicher gar nicht.
Es ist nicht unbedingt das Aktuelle, was überaus verwerflich ist, sondern das, was daraus erwachsen kann.

Hat der Staat erstmal jede Moral über Bord geworfen (und gäbs das Verfassungsgericht nicht, wäre das bekanntlich schon vielfach geschehen) kann der Staat erst zu dem Leviathan werden, der er offensichtlich sein will, strebt er doch immer wieder unter aller Führung in Richtung mehr Kontrolle, größere Kosten und Beeinflussung/Bestimmung des Privaten.

Das ist nichts, was ich will.

Die USA taugt nach meinem Dafürhalten für rechtsstaatliche Betrachtungen nach Guantanamo rein gar nichts mehr.  Da ist jeder Vergleich obsolet. Ob es opportun ist so zu handeln, interessiert mich an dieser Stelle wie gesagt nicht. Null Komma Null.
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: flaite am 02.02.10 - 14:01:19
Marko, hier geht es nach meinem Verständnis weniger darum, das Staatssäckel um ein paar hundert Millionen zu füllen. Es geht darum, die Perzeption der mit Steuerhinterziehung verbundenen Risiken wirksam zu erhöhen.

Die Banken dieses bewunderswerten freiheitsliebenden und genügsamen Bergvolks Schweiz ließen ja in den USA sogar heroische Marketingveranstaltungen durchziehen, damit ihrer Regierung nicht mehr trauende Bürger tatsächlich auch über die freiheitsfördernden Möglichkeiten informiert sind, das Geld am Fiskus vorbeizuschleusen.
Die Steuerermittlungsbehörden des totalitären Imperios erpreßten einige der steuerflüchtigen US-Bürger mit Straffreiheit, damit sie an Informationen der Aktivitäten der Freiheitskämpfer der schweizer Banken herankamen! Skandal!

Dabei werden diese Steuern ja sowieso nur an irgendwelche alleinerziehenden Mütter ausgezahlt, die ihr Kind verwöhnen und sich ansonsten einen schönen Tag machen. Die könnten sich doch viel sinnvoller einbringen, wenn sie das Kind bei der Oma ließen und sich dann ihr Geld bei mir ehrlich als Haushälterin verdienen. Das ist doch gut für die Selbstachtung.
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: flaite am 02.02.10 - 14:07:30
kann der Staat erst zu dem Leviathan werden, der er offensichtlich sein will, strebt er doch immer wieder unter aller Führung in Richtung mehr Kontrolle, größere Kosten und Beeinflussung/Bestimmung des Privaten.
Hm. Dem nach wie vor gelesenen Früh-Aufklärer Thomas Hobbes gings weniger um totale Kontrolle und mehr um die Durchsetzung einer rudimentären staatlichen Ordnung, damit die Bereitstellung öffentlicher Güter erst möglich wird und Bürgerkrieg abgewendet wird.
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: flaite am 02.02.10 - 14:19:34
"Man muss sich vor einem falsch gebauten Fiskalsystem in Sicherheit bringen dürfen, ohne physisch auszuwandern", sagte der Schweizer Privatbankier Konrad Hummler vor zwei Jahren in der "Weltwoche". "Das erfordert einen Bruch mit der Legalität." Deutlicher kann man es nicht ausdrücken.
http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,675459,00.html

Für die Anbieter der Dienstleistung Steuerhinterziehung ist ein Bruch mit der Legalität Teil des Geschäftsmodell. Und die Ermittlungsbehörden haben sich an die Buchstaben des Gesetzes zu halten?
Das Problem mit den für Schweizer Banken sicher sehr peinlichen Datendiebstahl ließe sich sehr einfach lösen: Das Land muß das Bankgeheimnis aufgeben. Hätte sicher sehr gravierende Auswirkungen für die Geschäftsmodelle dieses "genügsamen Bergvolks". Das deutsche Sozialsystem kann vermutlich nicht anders gerettet werden. 
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: Gandhi am 02.02.10 - 14:24:11
Kronzeugenregelungen betrachte ich nicht als Skandal - das ist genau das, was die USA getan haben.
Ansonsten kann man nicht nur das Risiko erhöhen erwischt zu werden, sondern zum Beispiel die Möglichkeiten reduzieren. Die Schweiz hat ein unangenehmes Bankgeheimnis? Dann erschweren wir eben die Transaktionen dorthin oder belegen die Schweiz mit anderen Sanktionen, damit sie zur Einsicht kommt, das Bankgeheimnis abzuändern. Das wäre vollkommen in Ordnung (aus meiner Sicht).
Das man letztes Jahr 'erschreckt' festgestellt hat, dass es ein solches Bankgeheimnis gibt ist schlicht und ergreifend lächerlich. Den Witz vom Unternehmer, der in die Schweiz fährt, um sein Geld zu besuchen, kenne ich seit mindestens 20 Jahren, also länger als die Verjährungsfrist bei Steuerdelikten ist. Insofern verstehe ich auch die schweizer Empörung, da die nichts geändert haben und nun unter massivem Beschuss sind. Und siehe da: Man verhandelt über das Bankgeheimnis - und das wäre auch schon vor Dekaden möglich gewesen, da die Schweiz trotz eigenem Selbstbild in einer Weise von Finanzgroßmächten wie DE oder den USA abhängig sind, dass sie sich schlicht keine abweichende Meinung leisten kann.

Bei der Gelegenheit wäre es auch eine gute Idee z.B. die britischen Kronbesitztümer (Kanalinseln, Caiman Islands, Bermudas etc.) in dieser Weise anzugehen, da die Schweiz tatsächlich mehr und mehr nur als Portal in diese Richtung fungiert - was man leicht daran erkennen kann, wo die schweizer Institute Zweigstellen haben. Aber offenbar sind die Briten dann doch zu relevant(=mächtig) um in dieser Weise mit ihnen zu verfahren.

Schließlich und letztendlich bliebe noch die Möglichkeit den Reiz des Steuerhinterziehens zu reduzieren, indem man entweder hier die Steuern senkt oder andernorts die Steuern erhöht. So hat zum Beispiel die irische Nullung der Körperschaftssteuer dort für einen beispiellosen Aufschwung gesorgt, während andernorts die Einnahmen sanken. Gerade in der EU sollte eine gewisse Steuerharmonisierung möglich sein...

Was ich damit sagen will: Der Staat sollte erst die rechtsstaatlichen Mittel nutzen, sein Saldo zu konsolidieren bevor er sich auf 'juristische Minenfelder', wie es ein Spiegel Artikel formuliert, begibt. Davon gäbe es genügend.

Zitat
Dabei werden diese Steuern ja sowieso nur an irgendwelche alleinerziehenden Mütter ausgezahlt, die ihr Kind verwöhnen und sich ansonsten einen schönen Tag machen. Die könnten sich doch viel sinnvoller einbringen, wenn sie das Kind bei der Oma ließen und sich dann ihr Geld bei mir ehrlich als Haushälterin verdienen. Das ist doch gut für die Selbstachtung.
Vielleicht gibt es ja tatsächlich Alleinerziehende, die das so sehen. Aber das geht am Thema vorbei, oder?

Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: Gandhi am 02.02.10 - 14:38:18
Ja, der Hobbes.
Nicht zu vergessen: Das Buch stammt aus dem 17. Jhdt, da gab es nur absolutistische Regime - und keinerlei Rechtsstaatlichkeit. Insofern steht für mich (und soweit ich das verstehe auch den Hobbes) der Leviathan für einen absolutistischen Staat in dem der Souverän ausserhalb des Rechts steht. Diesen Staat will ich nicht - insofern passt auch der Begriff aus meiner Sicht.

Wegen der Schweizer Bänker:
Die haben tatsächlich einen Knall. Aber ja nicht erst seit gestern. Die kann man auch durchaus angehen.

Zitat
Für die Anbieter der Dienstleistung Steuerhinterziehung ist ein Bruch mit der Legalität Teil des Geschäftsmodell. Und die Ermittlungsbehörden haben sich an die Buchstaben des Gesetzes zu halten?
Ja. Was sonst? Ggf. kann man die Gesetze dann ändern. Ansonsten ist das eine Sache der Schweizer, die man aber wie man sieht beeinflussen kann.
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: klaussal am 02.02.10 - 14:48:14
Zitat
Die CD mit den Daten deutscher Steuersünder wird von der Bundesregierung gekauft: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat den Erwerb der umstrittenen gestohlenen Daten aus der Schweiz freigegeben.

Quelle: www.spiegel.de
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: ErwinFK am 02.02.10 - 14:54:14
... und Tschüss, ich verabschiede mich aus diesem Forum und such mir einen Job als Backup-Admin in einer schönen schweizer Bank  ;D

Erwin
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: Gandhi am 02.02.10 - 14:58:38
Ich hatte sogar schon mal Zugriff auf solche Daten - habe damals aber nicht gewusst, wie hoch der Kurs dafür ist..(wo ist das 'ich beiß mir in den Arsch Smiley wenn man es braucht  :-:)
Aber das Dasein als Verräter ist sicher auch nicht gut fürs Karma.
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: Klafu am 02.02.10 - 15:02:19
Naja, der Staat wär dir für immer Dankbar ;)

Chris
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: ata am 02.02.10 - 15:05:16
... ich empfinde es als Niederlage für unser Rechtssystem und meine Verdrossenheit nimmt immens zu...

Toni  :( :( :(
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: flaite am 02.02.10 - 15:59:47
Als haßerfüllter Neider des freiheitsliebenden Volkes der Schweizer wünsche ich, dass der Druck auf von mir unverstandene höhere evolutionäre Stufe des Menschseins, die sich im Bankgeheimnis manifestiert, weiter verschärft wird.
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: koehlerbv am 02.02.10 - 16:35:54
Ich verstehe nicht, warum einige fast den Untergang des Abendlandes befürchten.

Da heisst es "Denunziantentum, wie wir es schon einmal hatten". Starker Tobak, und ein Denunziant macht etwas anderes als der Ex-HSBC-Banker. Der macht ein Geschäft, und Deutschlands Ermittlungsbehörden machen das, wozu sie da sind. Wird ein bisschen teurer diesmal.

Hehlerware: Auch mit dem Begriff wäre ich vorsichtig, denn dann müssten die Schweizer Banken auch als Hehler bezeichnet werden - diese wissen sehr gut, dass etliche Kunden nicht wegen der gar nicht so tollen Zinsen zu ihnen kommen, sondern unrechtmässiges Geld vor dem Zugriff der eigentlich Berechtigten schützen wollen.

Wenn den Finanzbehörden in Deutschland etwas merkwürdig vorkommt, dann machen diese eine Bankenabfrage - nach überwachten und genau festgelegten Kriterien ("einfach so" geht das nicht). Diese Abfrage findet nun auf einem Umweg statt, der alles andere als der wünschenswerteste ist, aber die Herrschaften haben es ja nicht anders gewollt. Vielleicht stellt man bei der Vorprüfung sogar fest, dass etliche der in der Datensammlung enthaltenen Angaben schon längst dem Finanzamt bekannt sind: Es soll ja tatsächliche Personen und Firmen geben, die diese Angaben wahrheitsgemäss machen.
Bei anderen wird die Vorprüfung ergeben, dass auch sonst alles im Lot ist, auch dann darf nichts weiter passieren. Und wenn das für alle zutreffen sollte, dann hat man noch lange nicht mit Zitronen gehandelt: Es schwitzen offensichtlich schon jetzt genügend Leute, die zudem feststellen, dass andere Zeiten eingekehrt sind.

A propos "andere Zeiten": Mit der Schweiz (und anderen Ländern) und durchaus in international konzertierter Aktion laufen ja schon seit einiger Zeit Verhandlungen. Dafür musste die Zeit auch erstmal reif sein (auf beiden Seiten des Verhandlungstisches). Meiner Meinung nach wird hier zukünftig auch eine Lösung gefunden. Damit hat man dann natürlich nicht alle Löcher gestopft, aber irgendwo muss man ja anfangen. Wenn eines Tages die Schweiz kein Ziel von Steuerflüchtlingen mehr ist, dann geht dort auch keiner am Bettelstab - das wissen unsere Nachbarn sehr wohl.
By the way: Wenn man die Schweizer Presse verfolgt, so wird das dort sehr kontrovers gesehen: Es gibt die, die empört sind bis zum geht-nicht-mehr, und andere, die sich regelrecht verständnisvoll zeigen.

Aus meiner Sicht ist das vorrangig Entscheidende im Sinne des Rechtsstaats, wie man mit den erhaltenen Daten umgeht. Für mich ist es zunächst mal wie Section Control auf der Strasse: Sofortiger Wegwurf aller Daten, sowie keine Verfehlung festgestellt werden konnte.

Bernhard

PS: Wegen der "Hehlerei" - sicherlich gibt die zuständige Behörde die CD (samt Daten  ;)) nach Auswertung dem rechtmässigen Besitzer wieder zurück  ;D
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: eknori am 02.02.10 - 16:45:00
Wenn auch Offtopic; aber für solche Themen gibt es bestimmt geeignetere Foren. In dem ganzen "zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei" Hick-Hack gehen andere Themen unter.
Die Welt wird sich weiterdrehen; mit pseudo-juristischen Diskussionen ändert ihr auch nichts.

Amen.
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: koehlerbv am 02.02.10 - 16:55:35
Wieso? Auf den AtNotes-Treffen reden wir doch auch vorrangig im "off-topic"-Bereich. Ich finde es belebend, wenn man sich zwischendurch auch mal über solche Themen austauscht. Wir wollen ja immerhin nicht das BVerfG ersetzen und niemanden juristisch belehren.

Bernhard
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: flaite am 02.02.10 - 17:56:58
Ich seh das auch nicht als eine juristische sondern eine politische Diskussion.
Von Juristerei hab ich keine Ahnung.
Ein bischen Stammtisch ist das natürlich immer, aber zumindest haben keine groberen Beleidigungen stattgefunden.
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: DAU-in am 03.02.10 - 07:12:44

Das Problem mit den für Schweizer Banken sicher sehr peinlichen Datendiebstahl ließe sich sehr einfach lösen: Das Land muß das Bankgeheimnis aufgeben. Hätte sicher sehr gravierende Auswirkungen für die Geschäftsmodelle dieses "genügsamen Bergvolks". Das deutsche Sozialsystem kann vermutlich nicht anders gerettet werden. 

Das deutsche Sozialsystem kann vermutlich nicht anders gerettet werden?

Entweder ich kann die Ironie hier nicht erkennen oder das ist mit das dümmste, was ich in den Debatte über das Schweizer Bankengeheimis gelesen und gehört habe.

Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: flaite am 03.02.10 - 11:24:40

Das Problem mit den für Schweizer Banken sicher sehr peinlichen Datendiebstahl ließe sich sehr einfach lösen: Das Land muß das Bankgeheimnis aufgeben. Hätte sicher sehr gravierende Auswirkungen für die Geschäftsmodelle dieses "genügsamen Bergvolks". Das deutsche Sozialsystem kann vermutlich nicht anders gerettet werden.  

Das deutsche Sozialsystem kann vermutlich nicht anders gerettet werden?

Entweder ich kann die Ironie hier nicht erkennen oder das ist mit das dümmste, was ich in den Debatte über das Schweizer Bankengeheimis gelesen und gehört habe.

Ein Sozialsystem finanziert sich aus Steuern und Abgaben. In West-Europa haben wir die seltsame Idee entwickelt, dass Personen mit hohen Einnahmen mehr in ein Sozialsystem einzahlen als Personen mit geringeren Einnahmen. Das ist btw. nicht überall auf der Welt so. Wenn nun Kleinstaaten davon leben, dass sie Ausländern mit hohen Einnahmen Hilfe bei der Steuerhinterziehung anbieten, dann gefährdet dies das System.
In anderen Bereichen wie etwa dem Patentschutz existieren auch Harmonisierungen unterschiedlicher Gesetzgebungen.
Im Falle der Möglichkeiten von Steuerbehörden zur Verfolgung der Straftat Steuerhinterziehung wird dies von der Schweiz blockiert. Man beruft sich auf ein anderes Menschenbild der Schweizer Kultur.
Zitat
Die Krux oder das Missverständnis liegt in der völlig unterschiedlichen Auffassung darüber, was der Bürger im Verhältnis zum Staat ist. Hier geht die Schweiz vom selbst verantwortlichen Citoyen aus, dessen Privatsphäre höchstes Gut darstellt.

Diese Sicht der Dinge führt beispielsweise dazu, dass so ein Schweizer Citoyen nicht nur sein steuerbares Einkommen selbst deklarieren, sondern seine Steuern auch selbst abführen muss – sie werden also nicht vom Arbeitgeber vom Gehalt abgezogen.

Überdies legt er an der Urne fest, wie hoch die Steuer denn sein soll. Das gilt übrigens auch für den MwSt.-Satz, der in einer Volksabstimmung festgesetzt werden muss und derzeit 7,6% beträgt. (Er wurde erst kürzlich in einer Volksabstimmung auf 8% ab 2011 festgelegt, um die staatliche Invalidenkasse zu sarnieren).
Erinnert mich an Evo Morales, wenn er die Verdoppelung der Koka-Anbauflächen beschließt. In Bolivien kauen halt schon die Kinder Koka-Blätter und sowieso wär das völlig gesund.  
In Wirklichkeit gehts Evo darum, mehr Einnahmen durch lukrative Einleitung des Kokas in illegale Kanäle zu erziellen.
Der Schweiz geht es darum, dass weiterhin 2/3 aller Privatvermögen in dem Land deponiert sind, weils halt steuerfrei ist und den ausländischen Steuerbehörden staatsseitig die Möglichkeit zu Nachforschungen genommen wird.

Und dieses Trittbrettfahrer-Verhalten ist halt ein permanenter Anschlag auf die Sozialsysteme der Nachbarländer.

 
 
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: Thomas Schulte am 03.02.10 - 11:30:35
Generell zu diesem Thema ....

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,675522,00.html

Und aus diesem Kommentar ein Zitat ...

"Jeder einzelne der mutmaßlichen Steuersünder dürfte übrigens deutlich mehr hinterzogen haben als der dreisteste Hartz-IV-Betrüger. Es ist gerade einmal zwei Wochen her, da waren angeblich faule Arbeitslose das große Aufregerthema. Wie würde die Diskussion wohl laufen, wenn es um eine CD mit den Datensätzen mutmaßlicher Sozialbetrüger ginge?

Wer diesen Vergleich als puren Populismus abtut vergisst: Auch Steuerhinterzieher sind Sozialbetrüger."

Und ich glaube durchaus auch, dass das deutsche Sozialsystem nicht anders gerettet werden kann. Nicht wegen der 100 Millionen die vielleicht erzielt werden können. Die sind nur ein Tropfen auf den heissen Stein. Aber wie will unsere Gesellschaft denn das hinterherhetzen hinter "Sozialschmarotzern" auf Cent Ebene auch nur halbwegs rechtfertigen, wenn man die Großen Sünder laufen lässt obwohl man in der Lage wäre sie zu fangen.

Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: Glombi am 03.02.10 - 12:24:51
und noch ein Kommentar
Zitat
Die Bundesrepublik Deutschland erpresst gelegentlich Menschen mit Informationen, die ihr auf krummen Wegen in den Schoß gefallen sind. Und sie gibt Geld an dschihadistische Terrorgruppen - mitunter sogar recht viel Geld.
Na dann ist sowie so alles egal  ::)
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: DerAndre am 03.02.10 - 13:01:45
Ich habe nichts zum Thema, aber eine Google Anzeige beim Lesen dieses Thread  ;D
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: Gandhi am 03.02.10 - 16:56:36
Google weiß die Antwort auf alles!

Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: koehlerbv am 06.02.10 - 00:19:04
Die allgemeine Debatte (ob Entrüstung oder Ausdruck starker Befriedigung) hat sich ja erwartungsgemäss sehr schnell beruhigt.

Hier einige Meinungen aus dem unmittelbar benachbarten Ausland, die vielleicht die Aufregung in dieser Sache etwas beruhigen können. Und wir sollten nie vergessen: Betroffen sind geldgierige Menschen, die ihre Gier nochmals steigern wollten und nun eventuell auf die Nase fallen. Weiters: Wenn dem Finanzamt etwas komisch vorkommt bei unseren Steuererklärungen, dann kann es eine Kontenabfrage starten (auch heute schon ggf. in der Schweiz, es sei denn, man agiert wie die jetzt betroffenen). Ab und an klappt das eben auch mit den "etwas anderen Konten".

Salzburger Nachrichten: "Steuer-CD: Schweiz empört über Deutschlands „Hehlerei“" (http://wetter.salzburg.com/online/7mal24/aktuell/Berlin-will-die-Millionen-aus-der-Schweiz.html?article=eGMmOI8VfNhigneDLm273b3s2WO3Dh02wgj0mNf&img=&text=&mode=&)
Zitat
Damals hatte der Geheimdienst BND (Bundesnachrichtendienst) für 4,6 Mill. Euro (abzüglich 400.000 Euro Steuern) die Daten von gut 1000 Steuerflüchtlingen der Vaduzer LGT-Treuhand erworben.
Habe ich bisher in deutschen Medien noch nicht gelesen. Ist aber doch ein wichtiger Punkt, oder? Im Heimatland müsste der Datendieb sein "Einkommen" aber sicherlich nochmals versteuern.
Über die Aussagen von Guido Westerwelle (hä, wie denn nun? Kann der nicht Starftäter und Informant auseinander halten und separat beurteilen??), Claudia Roth (diesmal stimme ich zu, Frau Roth!), und Weihbischof Hans-Joachim Jaschke mag sich jeder selbst ein Urteil bilden.

Salzburger Nachrichten: "Heimische Steuerhinterzieher werden nervös" (http://www.salzburg.com/online/7mal24/aktuell/Heimische-Steuerhinterzieher-werden-nervoes.html?article=eGMmOI8V5Amb6hxpJjBot5FXDFZJO7QDXDUvjWA&img=&text=&mode=&)
Ja, ja- nicht nur i nDeutschland greift der sicherlich nicht unerwünschte Nebeneffekt bei den Raffkes. Auch hier eine interessante Zahl:
Zitat
In der Folge haben 43 Personen Selbstanzeige erstattet und 9,2 Mio. Euro Steuern nachgezahlt, teilte das Finanzministerium mit. Bei 26 Personen, die keine Selbstanzeige erstattet haben, gab es Hausdurchsuchungen und Nachzahlungen von 1,3 Mio. Euro. Insgesamt hat der Staat aus der Liechtenstein-Affäre 12,7 Mio. Euro Steuereinnahmen lukriert. Rund die Hälfte der 166 Fälle ist noch gar nicht abgeschlossen.
Und wer weiss, was aus diesen 166 Fällen noch heraus kommt. Andererseits: Eine dreistellige Anzahl von Personen, die auf der Datensammlung aus Liechtensteiner erschienen, sind aussen vor geblieben - das sind eben nicht alles "schwarze Schafe".

SPIEGEL Online: "Wir haben so viel Mist gebaut" (http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,675570,00.html)
Zitat
Aber die meisten Schweizer Banker sind Krämer, also Menschen, die sich bereichern wollen, keine Strategen.
Sagt ein Schweizer Banker.

Spätestens 2011 scheint ein solcher Fall sowieso obsolet, und dann müssen die auf dem Solidarprinzip aufgebauten europäischen Staaten schauen, wohin dann (sicherlich schon deutlich weniger) die ganz Gierigen ausweichen werden.

Zuletzt sei ein Buch empfohlen, dass die letztlich traurige und aussterbende Szene an der Zürcher Bahnhofstrasse beleuchtet (und die ganzen wirklichen Profis der Schweizer Finanzbranche nicht beleidigt):
René Zeyer: "Bank, Banker, Bankrott: Storys aus der Welt der Abzocker" (http://www.amazon.de/Bank-Banker-Bankrott-Storys-Abzocker/dp/3280053412/ref=sr_1_1?ie=UTF8&s=books&qid=1265409910&sr=8-1)

Bernhard
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: DAU-in am 06.02.10 - 15:45:55
Der Kauf der Daten aus Vaduz wurde ausführlichst damals in den Medien behandelt, Bernhard. Allerdings mehr unter dem Aspekt: Wer soll das bezahlen, wer hat soviel Geld... sowie z.B. Zumwinkel.
Der BND hatte das Geld ausgelegt und dann vom Finanzministerium (ich glaube, es war NRW) zurückgefordert.
Und die meinten: wir haben nach Informationen gefragt, aber nicht eine Geldzahlung in Auftrag gegeben, vielen Dank für die Infos.

Ich habe derzeit leider nicht die Zeit für eine längere Antwort.
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: pd am 11.02.10 - 15:27:46
Populismus muss ja nicht unbedingt schlecht sein. Ich gehöre auch zum Volk, finde mich nicht schlecht.
Moralische Fragestellungen haben meines Erachtens hier nichts zu suchen, denn die betroffenen Menschen haben nicht wirklich mit hervorstechend guter Moral geglänzt (Moral im Sinne dessen was allgemein als gute Moral angesehen wird).

Richtig, es ist kein Menschenleben bedroht. Aber die Lebensqualität vieler Menschen ist bedroht durch irrelevant mehr Reichtum einzelner, nur um der Zahl willen. Als Beispiel habe ich hier im Bekanntschaftskreis erlebt, dass eine Familie tatsächlich kein Geld für Weihnachtsgeschenke für die Kinder hatte, in dem Fall weil wieder Heizöl gekauft werden musste. Die Familie lebt tatsächlich äußerst knapp. Die Kinder können prima damit umgehen (zum Glück), aber dem Vater zerreißt es förmlich das Herz, dass er das nicht bieten kann, obwohl sich die Eltern schon alles versagen.
Falls durch gefülltere Sozialkassen und Steuersäckel der Spruch "mehr netto vom brutto" tatsächlich wahr werden würde, wäre das eine unvorstellbar segensreiche Entlastung. 50 EUR mehr im Monat würden der Familie wahrscheinlich mehr bedeuten, als einem Zumwinkelartigen Menschen 100 TEUR.

Und ich bin mir sicher, das ist kein Einzelfall und es geht sicher noch wesentlich krasser.

Ich habe gegen die Nutzung dieser Daten rein gar nix einzuwenden, schließe mich da aber Marco (und vielen anderen) an, es darf keine Gewohnheit werden und gehört geprüft.


Patrick
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: Klafu am 11.02.10 - 15:39:57
Aber ist ist auch sa, dass die richtig dicken Fische (Firmen und Co.) ihr Kapital auch oft ins Ausland bringen. und dies durch 'SteuerProfis' und Gesetzteslücken soagar fast 'legal'.

Und ob diese 100 Mio wirklich Sinnvoll vom Staat eingesetzt werden...
Wir werden sehn.

Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: pd am 11.02.10 - 15:58:07
Ja, es gibt sicher noch einige mehr, die man mal auf den Kopf stellen und schütteln sollte ;-)
Das fängt an bei kleinsten Schmarotzern und geht rauf bis zum ganz großen Stil, wo sich Anwaltsheerscharen darum kümmern... (Arbeiten im Bundestag nicht auch Heerscharen von Anwälten ;-)

Patrick
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: flaite am 14.02.10 - 00:50:26
Mir persönlich - und andere Leute mögen das anders sehen - gehts weniger um die Hebung der Moral in der Gesellschaft, sondern konkret um ein nicht unbedingt gerechtes aber halbwegs gutwilliges, effektives Regelsystem, das in der Lage ist bestimmten unerwünschte Tendenzen zu konterkarieren. Hab gestern abend eine Diskussion im Schweizer Fernsehen gesehen. Nicht wenige Leute in der Schweiz sehen es ja auch so, dass sich das Bankengeheimnis zu einem echten Problem ausgewachsen hat, da es eben die Steuersouveränität von anderen Nationalstaaten zu stark beschränkt. In einer globalisierten Welt finden nationale Gesetzgebungen halt nicht im luftleeren Raum statt.
Demokratie enthält von seiner Natur her populistische Elemente. Auf der anderen Seite haben einige Anekdoten der Geschichte gezeigt, dass zu viel Populismus auf die Dauer alles andere als gesund ist. Der Kapitalfluß von Unternehmen in das zumeist ärmere Ausland führt eben des öfteren auch zu letztlich positiven Entwicklungen dort. Insbesondere aus einem weitgehend rohstofflosen Land, dessen Exporte in jene anderen Länder zu einem großen Teil das real nach wie vor das deutlichst überdurchschnittliche Sozialsystem sowie den Wohlstand überhaupt erst finanzierbar machen.

Amen.   
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: pd am 16.02.10 - 11:39:48
Ist die CD jetzt eigentlich gekauft? Oder was ist denn genau Gegenstand des Kaufvertrages ;-) Da muss man ja exakt sein, ist es ein Datenträger, handelt es sich um Informationen oder Daten...?

Patrick
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: eknori am 16.02.10 - 11:45:19
Schon mal drüber nachgedacht, ob das nicht eine geschickt eingefädeltes Manöver des Finanzministeriums ist? Hat irgendwer der vielen Kommentatoren zu diesem Thema die CD und vor Allem den Inhalt gesehen?

Man stelle sich mal vor, da geht jemand hin und behauptet, es gäbe eine CD. Man redet darüber; das Internet ist voll davon. Jetzt zeigen sich die ganzen Leute selber an, die glauben, das sei alles wahr.
Geld kommt in die Kasse; Ziel erreicht. Und niemand hat sich strafbar gemacht oder das Gesetz gebeugt. Mal sehen, wie oft das noch funktioniert ...
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: pd am 19.02.10 - 09:01:26
Eben wurden im Radio 2.500 Selbstanzeigen genannt...

Patrick
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: Gandhi am 19.02.10 - 10:39:30
Wenn das tatsächlich ein Bluff war, ziehe ich aber sowas von meinen Hut...
Titel: Re: zu der liberalen Entrüstung über den Datenkauf der Steuerhinterzieher-Datei
Beitrag von: pd am 19.02.10 - 11:37:01
eben wurde die Meldungen noch mit geschätzen 300 Mio EUR Nachzahlung ergänzt...

Stell mir grad vor wie sich ein paar im Kanzleramt auf dem Boden kugeln ;-)