Im Moment als noch nicht Tangierter erscheint mir die derzeitige Situation als ein Lehrstück über die Gier der Menschen.
Völlig ohne Frage. Und bei diesem Spiel (anders kann man es wohl kaum bezeichnen) haben sehr, sehr viele mitgespielt: Die angeblich so klugen Banker und Analysten, Politiker, Manager (= bezahlte Mitarbeiter, was viel zu häufig vergessen wird) bis hin zur armen Oma, die ihre Spargroschen mit maximaler Rendite anlegt.
Nur: Was passiert jetzt wirklich? Die, von denen wir glaubten, dass sie es wissen, wissen es offensichtlichst nicht.
Verschwindet jetzt wirklich Geld? Ganz bestimmt nicht. Auch die alte Regel "Das Geld ist nicht verloren - es hat nur jemand anderes" gilt nicht mehr wie früher, da heute weitere Effekte wie "funny money", reine Bilanzwerte (was heute abgeschrieben werden muss, kann später zurückkommen) etc. eine wesentliche Rolle spielen.
Was passieren muss (aus meiner Sicht): Die extrem mächtige Ausrichtung der Weltwirtschaft auf die Finanzwirtschaft muss genauso extrem zurückgedreht werden, die wahre Produktion - die Schaffung von Mehrwert, wie Karl Marx wohl gesagt hätte - muss wieder in den Mittelpunkt gerückt werden, um den sich alles dreht. Ein erfolgversprechendes Unternehmen mit erwirtschaftetem Kapitel unterstützen ist eine sinnvolle Sache (für das Geld), auch wenn das natürlich risikobehaftet sein kann. Das weitverbreitete Wetten auf das Steigen oder Fallen aller möglichen Werte, Leergeschäfte (der Begriff ist ja schon krank), die massive Einflussnahme auf Kurse und Preise (ich nenne nur mal den Begriff "Energieträger") hat dermassen zugenommen, dass doch selbst wir angeblich Unwissenden (und daher nicht jährlich mit Millionen Dollar oder Euro Abgefundene) schon seit vielen Jahren den Kopf schütteln.
Was wird passieren? Ich hoffe: Viel. Ich befürchte: Viel zu wenig. Staatliche Einflussnahme / Regulierung? Was soll es bringen? Bisher hat diese Kontrolle vollkommen versagt (in allen hier wesentlich involvierten Ländern). Für Deutschland nenne ich nur mal Begriffe wie SachenLB, IKB, KfW, BayernLB, WestLB - die lange Liste grandios-peinlichen Scheiterns, die wir alle bezahlen dürfen.
Was kann der Staat machen? Aus meiner Sicht: Nur Verbote aussprechen. Und da lieber eines mehr als eines zu wenig. Viel bringen kann aber auch das nicht: Das Geschäft ist global. EIN Staat kann da nahezu nichts machen.
Was wir aber nicht vergessen sollten: Die Finanzwirtschaft, die sich in den letzten Jahrzehnten mehr und mehr aus der realen Welt (in der produziert wird) entfernt hat, scheint derzeit die Chance zu bieten, eben diese wieder auf relae Werte zu stellen. Ich hoffe dieses zumindest sehr stark.
Die reale Wirtschaft existiert aber weiter: Da gibt es Rohstoffe wie früher, da gibt es Maschinen und Gebäude, da produzieren Menschen und ebendiese Menschen haben Bedürfnisse wie früher.
Angesprochen wurden hier auch Autofirmen. Was da abgeht, wissen wir doch schon länger - die gegenwärtige Situation ist da nur noch ein Brandbeschleuniger:
Die amerikanische Autoindustrie ist schon lange am Ende. Ihre europäischen Ableger kränkeln ebenfalls seit vielen, vielen Jahren. Die US-Amerikaner können sich die abartig spritfressenden Ungetüme schlicht nicht mehr leisten - alternative Modelle stehen de facto dort nicht aus einheimischer Produktion zur Verfügung.
In Deutschland überlegen sich logischerweise auch immer mehr Menschen und Firmen, was sie für ihr Geld bekommen. Bisherigen Gewinnern der Finanzblase entfallen zudem inflationär (gut so). Damit bekommen Porsche, Daimler, BMW und Audi mehr Probleme als andere. By the way: Ich habe heute mal mittels "car calculator" einen Mercedes C-Klasse, einen A4 und einen Passat durchgerechnet, bis er meinem (fernöstlichen) Auto in Ausstattung und Leistung entsprach: Da hätte ich locker bis zu 10.000 EUR mehr bezahlen müssen. Dazu höherer Spritverbrauch. Wer tut sich das in Zukunft noch an? Wer braucht einen Cayenne, einen Carrera S oder einen X6? Ich meine: Wer braucht das wirklich?
Was mich allerdings pessimistisch stimmt: Aus der sogenannten "Dot-Com-Blase" hat die die Welt wohl gar nichts gelernt. Meine Kollegen in der Firma, für die ich damals gearbeitet habe, haben in 1999 und Anfang 2000 bis zu 52 EUR für Aktionen der ach so tollen Firma bezahlt (als GmbH war sie das ja auch!). Seit 2002 dümpelt eben diese Aktie unter einem Euro. Auch wenn ich als Aktienverweigerer damals schief angeschaut wurde: Jegliche Häme geht mir ab, da ich erlebt habe, was da ganzen Familien passiert ist: Ersparnisse weg, dafür gab es dann die Entlassung.
So, und nun schauen wir mal, was passiert. Und vielleicht kommt auch die Software-Industrie wieder zu einer neuen Konzentration darauf, was die Unternehmen und die User wirklich brauchen. Ich hoffe dabei auch darauf, dass die IBM-Vertreter auf Konferenzen die Benefits von v8 bzw. v8.5 nicht mit so dämlichen Gadgets / Widgets (was sowieso dumme Wörter sind) wie dem Einbinden von Aktionkursen oder Wetterberichten vom anderen Ende der Welt preisen. Das braucht kein Mensch mehr ...
Bernhard