... na dann will ich mal auf den heißen Stuhl...
Eigentlich wollte ich immer Schreiner werden - bin eben so was wie ein Holzwurm - bastle und gestalte gerne. Doch daraus wurde wegen meines Abiturs nichts - hatte über 40 Bewerbungen drausen, aber es wollte keiner einen Abiturienten, der dann während der Lehrzeit abspringt um dann Innenarchitekt werden will. Als Hobby begann ich Gitarre zu spielen und eigene kleine Lieder in schwäbischer Mundart zu schreiben - was ich bis heute beibehalten habe.
So jobbte ich zunächst in den verschiedensten Branchen und kam auf Umwegen zu einem Studienplatz für Sozialpädagogik in Stuttgart. Zu der Zeit war ein Computer noch HighTech bei IBM - persönlich hatte man so was noch nicht zu Gesicht bekommen. Bei einer Promotion-Veranstaltung von IBM auf dem Stuttgarter Schloßplatz wurde die Maus als sensationelle Erfindung gefeiert und es ging das Gerücht um, daß IBM bereits an einem Speicherchip mit 1 MByte forsche - Unvorstellbar groß - anscheinend.
Nach dem Studium hatte ich verschiedene Arbeitsfelder von offener Jugendarbeit, Heim-Jugendarbeit über Asylbetreung zur Re-Integration Langzeitarbeitsloser - also viel Arbeit mit Menschen - tolle Arbeit. Irgendwann war dann die Arbeit am PC nicht mehr zu umgehen. Zunächst als flexiblere Schreibmaschine, und im Verlauf dann auch als Datenbank hatte ich mit einem 286er meine erste PC-Erfahrung - Bill Gates machte seine ersten Schritte auf dem europäischen Markt - Windows 3.11 war aktuell.
Als Musiker hatte ich mittlerweile so einiges veröffentlicht und die GEMA wollte Material von mir - Noten, Texte etc. Da ich als Autodidakt aber keine Noten lesen und schreiben kann kam ich auf die glorreiche Idee mir einen PC zuzulegen - ein ATARI STE 4 (kostete um die 4.000,--DM) mit wahnsinnigen 4 MByte Arbeitsspeicher (Standard war 1- max. 2) und einer Riesen-Festplatte mit 48 MByte - das sollte für ewig reichen - begann ich mit Sequenzern per Maus - ja ich hatte jetzt auch diese revolutionäre Erfindung in meinem Besitz - meine Lieder einzuspielen und per 24-Punkt Nadeldrucker (kostete damals um die 1000,--DM) auf Papier zu drucken- Hurra welch ein Fortschritt moderner Technik - Hurra.
Beim Aufbau eines neuen Arbeitslosenprojektes standen dann schon Rennmaschinen bereit - 486er mit unfassbaren 16 MByte Arbeitsspeicher und über 600 MByte-Platte - die Welt schien zu explodieren. Als Office-Paket arbeiteten mit wir Lotus Smart Suite - Ami Pro hatte schon LotusScript onboard. Da wir keine Verwaltungs-Software für unsere Betreuung hatten, begann ich mit LotusScript zu programmieren - Learning by doing - für Kurse gabs kein Geld - try and error - und Kämpfen bis zum Umfallen - bis die Kiste dann mal tat, was man von ihr wollte. So automatisierte ich mir die Verwaltung der Klientel, Berichte schreiben, etc ...
Dann kam vor 10 Jahren eine Krebserkrankung im Kehlkopf, bei der ich - glücklicherweise - nur das linke Stimmband einbüßte. Für meinen Berufsweg bedeutet dies allerdings das aus: die BG sagte "keinen Sprechberuf mehr - entweder BU-Rente oder Umschulung" - da war die Dot.Com-Blase noch im blähen - und ich entschloß mich für die Umschulung im EDV-Bereich => in Karlsruhe mit Schwerpunkt LotusNotes 4.5/4.6 und gegen Ende das nagelneue Release 5. Nach 9 Monaten war ich der wohl bestzertifizierte Blindgänger ohne Berufserfahrung mit Notes: PCLP Version 4 und 5 für Admin und Entwicklung - und hatte sofort eine Stelle in Stuttgart bei Kasten Consulting - noch vor Ende der Maßnahme - somit hatten sich die Zertifizierungen schon mal gelohnt...
Im Arbeitsalltag sah das dann schon ganz anders aus - LotusScript - OOP - Formelsprache und dann Bugfixing in bestehenden Anwendungen - ganz schön komplex das alles - mühsam ernährt sich das Eichhörnschen. Nach einem Jahr Logopädie konnte ich mich - wenn auch sehr heiser - wieder mit leiser Stimme ins Tagesgeschehen einbringen und begann aufgrund meiner Begabung mit Menschen arbeiten zu können sogar mit Trainings für Endanwender, Grundlagen der Notes-Entwicklung und Administration - spannend - und das machte mir richtig Spaß. Nebenbei etwas unter Profit-Bedingungen entwickeln lernen - sehr spannend - neue Erfahrungen, da ich zuvor ja aus dem Non-Profit-Bereich kam.
In Bruchsal kam ich dann zur GST - super Job, super Leute, tolles Arbeitsklima, alle in Augenhöhe miteinander - fast zu schön um wahr zu sein - doch dann war abzusehen, daß die Luft aus der Dot-Com-Blase entweichen wird - es war absehbar, daß die kleinen Firmen als erste leiden werden. Die Auftragslage wurde dünner.
Damit die Firma nicht an meinen Kosten eingeht suchte ich mir eine Stelle bei einem der Großen - und fand Debis - mittlerweile T-Systems. Reiner Programmieralltag, kaum persönliche Kontakte, dafür betreue ich dort eine sehr komplexe Anwendung im Änderungsmanagement für einen großen Automobilhersteller - weltweit verteiltes, mehrsprachiges System mit unzähligen Schnittstellen in die unterschiedlichsten Ecken. Im Gegensatz zu vorher ist das jetzt eher Einzelkämpferstatus - eigentlich genau das, was ich nie wollte.
Dafür habe ich mich brav weiterzertifiziert auf Version 6 und 7 und - dank des Forums, bei dem ich seit 2002 bin - immer sehr viel dazugelernt. Zwar kann ich nicht immer so viel Einsatz zeigen wie die Leistungsträger des Forums, da mein Alltag, Ehe, Musik und Job viel fordert, aber dennoch schaue ich immer wieder ins Forum und bringe mich das eine oder andere Mal hauptsächlich antwortend und diskutierend mit ein. Zudem sind hier mittlerweile auch Freundschaften entstanden - und das tut mir gut - so als Einzelkämpfer gehe ich sonst unter...
... war jetzt doch mehr als gedacht...
so - wieder Platz machen für die/den Nächsten...
Toni