Autor Thema: Erdbeben in Japan - was für eine Katastrophe...  (Gelesen 3139 mal)

Offline ata

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Erdbeben in Japan - was für eine Katastrophe...
« am: 11.03.11 - 09:24:20 »
... ich bin völlig erschlagen - wenn man sich die Live-Streams in der Tagesschau anschaut - was für eine Katastrophe...

Toni
Grüßle Toni :)

Offline blizzard

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Re: Erdbeben in Japan - was für eine Katastrophe...
« Antwort #1 am: 11.03.11 - 21:41:38 »
ja allerdings wahr. Habe heute mit meinen Arbeitskollegen in Tokyo telefoniert. Allen gehts gut, nur die Subway fährt wohl nicht mehr. Jetzt hoff ich mal die bekommen ihr AKW wieder in Griff.
Grüße Matthias :-)

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Offline koehlerbv

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Re: Erdbeben in Japan - was für eine Katastrophe...
« Antwort #2 am: 12.03.11 - 01:05:20 »
Es ist schon seltsam, wie der Mensch so tickt: Als ich heute morgen zuerst im Radio die Katastropenmeldung hörte, schaltete ich das im Hinterkopf erstmal zurück: Japan = weit weg. Die erste Mail, die ich heute von einem Kunden bekam, zeigte mir, wie nah Japan doch ist:
Zitat
Dear all

Due to the big earthquake at very close to Iwaki Japan, all servers and
connection at IW
is not available at the moment. This includes

  - Notes email, and all database ...
  - ...
  - ...
  - ...

I will keep you update about the any status change.
Plötzlich hatte ich damit auch direkt zu tun und dachte erst jetzt an die Kollegen, die derzeit hier bei uns im HQ Europe arbeiten und denen ich oft begegne. Und natürlich ist mir jetzt ganz anders!

Ich habe heute vermutlich einen Großteil der Hubschrauberaufnahmen gesehen, die den unerwartet "langsamen" Marsch der Tsunami-Fluten ins Land zeigen. Da sah man auch, wie Autos direkt in ihr Verderben fuhren - von oben sah man schon, dass die Strasse gleich überrollt wird, die Autos wendeten, und wieder wusste man aus der Luft schon vorher, dass auch auf der anderen Seite die Strasse bereits unpassierbar war. Auch bei allergrösstem Optimismus muss man annehmen, dass in diesem Moment dort unten Menschen ihr Leben lassen mussten.

Japan ist m.E. in Sachen Infrastruktur das höchstentwickelte Land dieser Welt. Gleiches gilt ganz sicher für die Erdbebenvorsorge. Und trotzdem sind unserer Technik Grenzen gesetzt. Man kann nur erahnen, was derartige Beben für Folgen in Ländern der sogenannten "dritten Welt" haben. Das hochtechnisierte Japan liefert auch für diese Vorstellungen eine umfassende Bildberichterstattung.

Auch, wenn eine ausgeklügelte Technik und Organisation sicherlich zehntausenden das Leben gerettet hat, bangt Japan aber derzeit gerade wegen der Technik: Mit momentan zwei aus dem Ruder laufenden AKWs sitzt die Inselrepublik auf einem Pulverfass. Hoffentlich kriegen die das wieder in den Griff - und führt dann weltweit zu einem neuen Nachdenken. Wir haben diese Technik eben doch nicht sicher im Griff. Vor 23 Jahren ist nicht einmal zwei Kilometer entfernt von unserem nächstgelegenen AKW eine Mirage ungespitzt in den Boden geflogen. Diesem Einschlag dürfte keine Reaktorhülle in Deutschland (oder anderswo) sicher wiederstehen. Es braucht kein Erdbeben, um zu zeigen, dass wir Menschen eben nicht alles im Griff haben.

Sehr nachdenklich,
Bernhard

Offline flaite

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Re: Erdbeben in Japan - was für eine Katastrophe...
« Antwort #3 am: 12.03.11 - 02:15:13 »
Trauer mit den Opfern und ihrer Angehörigen/Freunde in Japan. Und hoffentlich bekommen die das echt mit den Atomkraftwerken in den Griff. Die gehören phreaking NICHT in Erdbebengebiete.  >:(

Bei dem 8,8er Beben vor etwas über einem Jahr in Chile befand ich mich in einem TAM Jet 1800 km vor dem Zwischenstopp in Sao Paulo, auf dem Weg in die chilenische Binnenstadt Chillán, ca 180 km vom Epizentrum. Weiterflug nach Santiago war nicht, da Flughafen kaputt. Nach 2 Hotelübernachtungen in Sao Paulo und endlich einer Facebook-Nachricht, dass alles in Ordnung (vorher nix Telefon, nix Internet), bin ich dann per Flugzeug nach Buenos Aires und von da mit Bus über die nicht endlose Pampa, Anden und Santiago nach Chillán. 28 Stunden Bus bis Santiago, davon gefühlte 22 geschlafen (nichts schlägt südamerikanische Busse). Während der gesamten Reise Fehlinformationen von anderen Leuten: Andenpass gesperrt, Busse von Buenos Aires nach Santiago überfüllt, in den Süden geht schon mal garnicht. Und Chillán? Das wär zerstört. Dann nochmal 8 Stunden Nachtbus mit einer obskuren Gesellschaft mitten durchs Inland der getroffenen Zone (Talca, Linares). Normal dauert das 5 Stunden 20, aber der Bus musste z.T. Umwege fahren, weil die Ruta 5 Sur eben an einigen Stellen kaputt war. Zu sehen war aber nicht viel, vor allem weil ich gefühlte 7 Stunden der Fahrt geschlafen hab.  
http://goo.gl/maps/D88i

Im Busbahnhof in Chillán nachts in die Ausgangssperre, vom Soldaten mit Maschinengewehr die Erlaubnis erhalten mit dem Münzsprecher ausserhalb des Zauns des Busbahnhofs bei Mama anzurufen. Am nächsten morgen mit dem Taxi dahin, wo ich hingehöre.
Wäre ich nur 1 Tag früher gereist, würd ich auch drüber berichten. Nur halt anders. Als ich ankam, war die Welle der Pünderungs-Panik, des vereinzelten Preiswuchers und der Bürgerwehren eigentlich vorbei (natürlich nicht wegen mir). Angemeldet hab ich mich noch bei den unironisch wirklich netten Familienvätern mit Pistolen und Gewehren im Viertel. Die Leute leicht traumatisiert, aber guter Dinge. Immer wieder Nachbeben, aber so 5er Erdstösse kannte ich schon vorher. Alles unter 7,5 fällt in Chile auch dank der meist angepassten Bauweise unter dem Begriff temblor (Erdstoss). Und das ist was völlig anderes als ein teremoto (Erdbeben) oder ein maremoto (Tsunami). Wenn die Deckenlampe anfängt zu baumeln, unter den Türrahmen stellen. Auf mich haben temblores eine psychologische Wirkung. Verunsicherung. Zieht irgendwie den Boden unter den Füßen.
Beim heftigsten temblor (6,0) half ich gerade einen Laden im Erdgeschoss des Einkaufszentrums der Stadt auszuräumen (keine Plünderung). Mit Bauhelm auf.
Wenn so ein massiver ca. 1 Meter im Durchmesser Stützpfeiler schwankt und du direkt daneben stehst, bewegst du dich schnell Richtung Ausgang. Die Leute von den beiden oberen Stockwerken kamen mit angsterfüllten Gesichter herunter. Sie meinten, die Gänge neben den Geschäften haben geschwankt. Nach 45 Minuten weiter Laden leergeräumt. Die im ersten und zweiten waren auch wieder auf der Baustelle.

Ein hoher 8er muss der absolute Hammer sein. Diese Richter-Skala steigt ja exponentiell. Wie eine Schlange, die sich unter dem Haus bewegt. In dem Haus ist ein großer Fernseher aus der Schrankwand gesprungen und der Deckel der Klospülung gen Boden.      

Danach gabs eine große Solidaritätswelle. Hab mich nicht an Hilfsmaßnahmen an der hart getroffenen Küste beteiligt. Waren mit uns beschäftigt. Immer wieder gespendet. Natürlich KEIN Krisentourismus.

Letztlich kann man erdbebensicher bauen. Die in Chile vergleichsweise wenigen zerstörten Gebäude hatten praktisch immer Bausünden. Ich war oft zu Besuch in einem soliden 5 stöckigen Wohnblock. Die Wohnungen hatten alle denselben Riss in einer nicht-tragenden Wand. Die kleinen typisch-chilenischen Bungalows nur echt mit Zinkdächlein waren überhaupt nicht beschädigt. Nur halt die wenigen verbliebenen alten Lehmziegelbauten und die Trenn-Mauern in den Gärten, die oft längskant gemauert sind.
Industriegelände sind natürlich ein Problem und Großstädte auch. Concepcion-Talcahuano-Penco sah noch im Oktober stellenweise getroffen aus. Ich hoffe auch innständig, dass man das in Chile nun mit den geplanten Atomkraftwerken aufgibt. ECHT. SO EIN SCHWACHSINN. Über eine Woche den einzigen internationalen Flughafen sperren, aber Atomkraftwerke bauen wollen.  >:(

Ein richtig heftiges Erdbeben erzeugt wirklich Angst. Viele meiner Freunde und Bekannten in Chile glauben z.T. an Gerüchte eines bevorstehenden noch härteren Bebens, von dem die Regierung weiss und so Sachen.
Neben viel Solidarität, Empathie und Mitgefühl auch so Nachrichten von Typen, die 1 Stunde nach dem Beben die großzügige Raumausstattung ihres Audis (obere Mittelschicht) für Plünderungsfahrten von Elektronik-Geräten genutzt haben. Und flaiters degenerados (Assis), die vor schreienden Kindern und Frauen Klein-Häuser leergeräumt haben. Je schlechter das Viertel, desto wahrscheinlicher, weil das nämlich positiv mit der installierten security und der Gründungsgeschwindigkeit von Bürgerwehren korreliert.    

Im Oktober gabs dann in den Bars neue farbenfrohe Drinks namens teremoto und maremoto, die aber durchweg zu süß sind.

Ich hoffe, dass die Japaner rasch zur Normalität ihrer Leben zurückfinden.
« Letzte Änderung: 12.03.11 - 03:53:18 von Pitiyankee »
Ich stimm nicht mit allen überein, aber mit vielen und sowieso unterhaltsam -> https://www.youtube.com/channel/UCr9qCdqXLm2SU0BIs6d_68Q

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Offline flaite

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Re: Erdbeben in Japan - was für eine Katastrophe...
« Antwort #4 am: 12.03.11 - 13:21:20 »

Ich hoffe, dass die Japaner rasch zur Normalität ihrer Leben zurückfinden.
Nach einem möglichen Super-GAU wär das nicht mehr möglich.  >:(
Dagegen wäre das Erdbeben nur das Vorspiel. Das geht vorbei. Die Effekte sind sowieso nicht an jeder Stelle gleich. Viele Teile des Gebiets werden ganz normal aussehen. Die Kameras halten auf die "highlights" der Zerstörung. Die Verstrahlung ist dagegen überall. In Chillán sah etwa das Gefängnis aus wie nach einem Luftangriff, die andere Straßenseite dagegen völlig normal.
Ich hoffe wirklich inständig, dass die japanischen Opfer dieser Katastrophe nicht umsonst leiden und sich ausreichend Widerstand gegen den weiteren Betrieb von Atomkraftwerken in Erdbebenregionen bildet.
Die Schäden von heftigen Erdbeben sind beherrschbar. Hier Bilder von Chillán nach dem Beben von 1939.
http://www.histarmar.com.ar/InfHistorica-4/AntonioSilva-HechosAvNaval.htm
Hier kurzee Filme und Bilder unmittelbar nach dem Beben vom 27.2.2010. Die haben die Kameras auf die highlights. Wenn man genau hinschaut, sieht man wie viel eben überhaupt nicht zerstört ist, z.B. bei den Luftaufnahmen des Stadiums. Beide Beben trafen die Stadt mit einer vergleichbaren Wucht.
http://www.youtube.com/watch?v=iS85Gwt5xtc
http://www.youtube.com/watch?v=KwSl5L3rHyk (das große gelbe Gebäude am Anfang ist das Einkaufszentrum, in dem ich mitgeholfen hab, ein bischen aufzuräumen, s.o.).  
http://www.youtube.com/watch?v=mJoaGQhW9H4&feature=relmfu (Sensation: Sehr vermutlich im Innern eins dieser typischen kleinen 1-stöckigen Häuser) 

Man sieht klar, dass zwischen 1939 und 2010 gelernt wurde, sich auf die Launen von Mutter Natur deutlichst besser einzustellen. Das Einkaufszentrum wurde bereits in der zweiten Märzwoche teilweise wieder eröffnet. Anfang April dann vollständig. Chile konnte letztes Jahr trotz Erdbeben ein Wachstum von 5,0% erzielen und dieses Jahr wird mit 5,5%-6% gerechnet. Trotz allem Schrecken läßt sich eine solche Katastrophe managen.
EIN ATOMARER SUPERGAU ALS FOLGE EINES ERDBEBENS LÄSST SICH DAGEGEN NICHT MEHR MANAGEN.
In der Republik Chile wurde bis heute auf den Bau von Atomkraftwerken aufgrund der häufigen Erdbeben verzichtet. Die aktuelle Regierung trieb dagegen entsprechende Pläne voran. Ich hoffe inständig, dass dieser japanische Wahnsinn der chilenischen Atomlobby den verdienten Todesstoss versetzen wird.  
« Letzte Änderung: 12.03.11 - 13:44:17 von Pitiyankee »
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