Trauer mit den Opfern und ihrer Angehörigen/Freunde in Japan. Und hoffentlich bekommen die das echt mit den Atomkraftwerken in den Griff. Die gehören phreaking NICHT in Erdbebengebiete.
Bei dem 8,8er Beben vor etwas über einem Jahr in Chile befand ich mich in einem TAM Jet 1800 km vor dem Zwischenstopp in Sao Paulo, auf dem Weg in die chilenische Binnenstadt Chillán, ca 180 km vom Epizentrum. Weiterflug nach Santiago war nicht, da Flughafen kaputt. Nach 2 Hotelübernachtungen in Sao Paulo und endlich einer Facebook-Nachricht, dass alles in Ordnung (vorher nix Telefon, nix Internet), bin ich dann per Flugzeug nach Buenos Aires und von da mit Bus über die nicht endlose Pampa, Anden und Santiago nach Chillán. 28 Stunden Bus bis Santiago, davon gefühlte 22 geschlafen (nichts schlägt südamerikanische Busse). Während der gesamten Reise Fehlinformationen von anderen Leuten: Andenpass gesperrt, Busse von Buenos Aires nach Santiago überfüllt, in den Süden geht schon mal garnicht. Und Chillán? Das wär zerstört. Dann nochmal 8 Stunden Nachtbus mit einer obskuren Gesellschaft mitten durchs Inland der getroffenen Zone (Talca, Linares). Normal dauert das 5 Stunden 20, aber der Bus musste z.T. Umwege fahren, weil die Ruta 5 Sur eben an einigen Stellen kaputt war. Zu sehen war aber nicht viel, vor allem weil ich gefühlte 7 Stunden der Fahrt geschlafen hab.
http://goo.gl/maps/D88iIm Busbahnhof in Chillán nachts in die Ausgangssperre, vom Soldaten mit Maschinengewehr die Erlaubnis erhalten mit dem Münzsprecher ausserhalb des Zauns des Busbahnhofs bei Mama anzurufen. Am nächsten morgen mit dem Taxi dahin, wo ich hingehöre.
Wäre ich nur 1 Tag früher gereist, würd ich auch drüber berichten. Nur halt anders. Als ich ankam, war die Welle der Pünderungs-Panik, des vereinzelten Preiswuchers und der Bürgerwehren eigentlich vorbei (natürlich nicht wegen mir). Angemeldet hab ich mich noch bei den unironisch wirklich netten Familienvätern mit Pistolen und Gewehren im Viertel. Die Leute leicht traumatisiert, aber guter Dinge. Immer wieder Nachbeben, aber so 5er Erdstösse kannte ich schon vorher. Alles unter 7,5 fällt in Chile auch dank der meist angepassten Bauweise unter dem Begriff temblor (Erdstoss). Und das ist was völlig anderes als ein teremoto (Erdbeben) oder ein maremoto (Tsunami). Wenn die Deckenlampe anfängt zu baumeln, unter den Türrahmen stellen. Auf mich haben temblores eine psychologische Wirkung. Verunsicherung. Zieht irgendwie den Boden unter den Füßen.
Beim heftigsten temblor (6,0) half ich gerade einen Laden im Erdgeschoss des Einkaufszentrums der Stadt auszuräumen (keine Plünderung). Mit Bauhelm auf.
Wenn so ein massiver ca. 1 Meter im Durchmesser Stützpfeiler schwankt und du direkt daneben stehst, bewegst du dich schnell Richtung Ausgang. Die Leute von den beiden oberen Stockwerken kamen mit angsterfüllten Gesichter herunter. Sie meinten, die Gänge neben den Geschäften haben geschwankt. Nach 45 Minuten weiter Laden leergeräumt. Die im ersten und zweiten waren auch wieder auf der Baustelle.
Ein hoher 8er muss der absolute Hammer sein. Diese Richter-Skala steigt ja exponentiell. Wie eine Schlange, die sich unter dem Haus bewegt. In dem Haus ist ein großer Fernseher aus der Schrankwand gesprungen und der Deckel der Klospülung gen Boden.
Danach gabs eine große Solidaritätswelle. Hab mich nicht an Hilfsmaßnahmen an der hart getroffenen Küste beteiligt. Waren mit uns beschäftigt. Immer wieder gespendet. Natürlich KEIN Krisentourismus.
Letztlich kann man erdbebensicher bauen. Die in Chile vergleichsweise wenigen zerstörten Gebäude hatten praktisch immer Bausünden. Ich war oft zu Besuch in einem soliden 5 stöckigen Wohnblock. Die Wohnungen hatten alle denselben Riss in einer nicht-tragenden Wand. Die kleinen typisch-chilenischen Bungalows nur echt mit Zinkdächlein waren überhaupt nicht beschädigt. Nur halt die wenigen verbliebenen alten Lehmziegelbauten und die Trenn-Mauern in den Gärten, die oft längskant gemauert sind.
Industriegelände sind natürlich ein Problem und Großstädte auch. Concepcion-Talcahuano-Penco sah noch im Oktober stellenweise getroffen aus. Ich hoffe auch innständig, dass man das in Chile nun mit den geplanten Atomkraftwerken aufgibt. ECHT. SO EIN SCHWACHSINN. Über eine Woche den einzigen internationalen Flughafen sperren, aber Atomkraftwerke bauen wollen.
Ein richtig heftiges Erdbeben erzeugt wirklich Angst. Viele meiner Freunde und Bekannten in Chile glauben z.T. an Gerüchte eines bevorstehenden noch härteren Bebens, von dem die Regierung weiss und so Sachen.
Neben viel Solidarität, Empathie und Mitgefühl auch so Nachrichten von Typen, die 1 Stunde nach dem Beben die großzügige Raumausstattung ihres Audis (obere Mittelschicht) für Plünderungsfahrten von Elektronik-Geräten genutzt haben. Und flaiters degenerados (Assis), die vor schreienden Kindern und Frauen Klein-Häuser leergeräumt haben. Je schlechter das Viertel, desto wahrscheinlicher, weil das nämlich positiv mit der installierten security und der Gründungsgeschwindigkeit von Bürgerwehren korreliert.
Im Oktober gabs dann in den Bars neue farbenfrohe Drinks namens teremoto und maremoto, die aber durchweg zu süß sind.
Ich hoffe, dass die Japaner rasch zur Normalität ihrer Leben zurückfinden.