Das ist genau der Punkt und hat mit Liberalität etc. gar nichts zu tun tun: Hier geht es nicht nur um unser Geld, sondern um unsere Lebensumstände (und eigentlich sogar darum, was wir mit diesen ganzen zig Billionen eigentlich machen könnten).
Man kann aber das potentielle Risiko solcher Krisen in einer marktwirtschaftlichen Ordung allenfalls minimieren, niemals ganz ausschliessen. In Sachen Minimierung dieser Risiken ist auf den Finanzmärkten in den letzten Jahren bis Jahrzehnten zu wenig passiert.
Chile ist übrigens ein Beispiel für ein Land, in dem ein extrem unterregulierter Finanzmarkt unter marktwirtschaftlichen Bedingungen in einen regulierteren Finanzmarkt überführt wurde. Nach der Krise 1982/3. Seitdem hat es in dem Land aus sehr bescheidenen Verhältnissen heraus eine insgesamt sehr positive Entwicklung gegeben. In vielerlei Hinsicht: Demokratie, Wirtschaft, Ausbildung, Rechtsstaatlichkeit.
Nur dort wird realer Mehrwert geschaffen!!
Wieso? Das Finanzsystem deckt doch Bedürfnisse. Z.B. intertemporaler Konsum. Ich will mir jetzt ein Haus kaufen, hab dafür zuwenig Geld und das Finanzsystem kanalisiert Mittel von Leuten, die jetzt auf Konsum verzichten wollen (um später mehr zu haben) zu mir, der nun mehr Geld benötigt als er verdient. Just for the record: Ich will mir kein Haus kaufen. Das war hypothetisch.
Ausserdem kann ich jetzt auf Konsum verzichten und das Finanzsystem bietet mir an, dass ich Teile meiner Mittel an Investoren übergeben kann. Ich partizipiere dann an deren Gewinnen. Das ganze ist natürlich nicht ohne Risiken und ich muß deshalb zu den richtigen Zeitpunkten ein- und aussteigen.
Die Legislative (unsere Stellvertreter) müssen jetzt eingreifen, und zwar nicht nur symbolisch. Im letzten Jahrhundert ist das ja schon mehr als einmal passiert, nur hat man daraus wohl auch in gelehrten Kreisen nichts gelernt.
Wieder: Völlig ausschliessen kann man solche Risiken nicht. Sie lassen sich minimieren.
Wenn es um "verlorene" Milliarden geht, scheint man auch nicht gelernt zu haben, auf die zu zeigen, bei denen diese Milliarden gelandet sind. Keiner von den Milliardären hat soviel geleistet, dass es sein Vermögen rechtfertigen würde - alle haben die Dummheiten anderer ausgenutzt. Auch ein Bill Gates hat sein Geld nicht mit seinen Ideen für / mit Microsoft gemacht - bestenfalls spiegelt sein Vermögen die Wetten vieler Leute dar, was Microsoft (und seine Aktien) wert sein könnte.
Ich präferiere ein System, in dem ein paar Leute reich werden, gegenüber einem System, in dem sich Politiker darum bemühen, eine wirklich gerechte Welt zu schaffen. Ein solches Ziel hat in der Geschichte immer in eine Diktatur geführt.
Ein Musterbeispiel ist Russland: 1991 ein Volk von valutamässigen Habenichtsen, und heute haben dort etliche Leute Geld bis zum Abwinken. Russland spiegelt in krasser Form wider, was genauso für Europa und die USA gilt.
Der Gini Koeffizient mißt die Verteilung des Einkommens auf unterschiedliche Bevölkerungsgruppen. Da steht Europa (inklusive Mittelosteuropa, btw.) sehr gut und die USA naja, nicht so gut da. In weiten Teilen Asiens und v.a. in Lateinamerika sieht das viel übler aus. Wobei in marktwirtschaftlicheren Ländern wie Chile und Brasilien in Sachen Armutsbekämpfung und nachhaltiger, v.a. auch ausbildungsgestützter Mittelstandsverbreiterung viel bessere Erfolge erzielt werden, als Länder, in denen gewisse verrücktgewordene Diktatoren mit linker Rhetorik herschen.
Die erste Massnahme, die aus meiner Sicht und wegen der Verwendung meines Geldes (und ich bin ein guter Steuerzahler!) getroffen werden sollte: Ab sofort (!) haften diese Manager genannten Personen, die die persönlich haftenden Firmeneigentümmer zu einer aussterbenden Rasse gemacht haben, für eigene Fehler mit ihrem eigenem Vermögen. Sie mögen dann bei Erfolg auch gut verdienen - solange eine von der zum Mehrwert beitragenden Masse verstandene Relation eingehalten wird. Da hier Kreis A Kreis B bedient und vice versa, kannt das offensichtlich nur noch gesetzlich zu regeln sein.
Haftest du uneingeschränkt für eventuelle Fehler deiner Software. Auch eventuell Teile, die du nicht verantworten kannst? Wie z.B. Fehler, die durch einen Release-Bug von Lotus Domino verursacht werden. Es ist sehr schwer, gesetzlich auseinanderzuklamüsern was durch Management-Fehler verursacht ist und was durch äußere Einflüße. Und darüber hinaus dürfen doch Werktätige auch Fehler machen dürfen? Viele Fortschritte wurden doch nur dadurch erzielt, dass die Spielregeln der Gesellschaft die Risiken für eh schon risikobereite Leute eher senkten. Wieviel Fehler wurden über die Jahre denn bei z.B. Daimler und BMW gemacht? Und trotzdem sind die Autos insgesamt ziemlich beliebt. Nur hat diese gesellschaftliche Haftung für Risiken eben auch Grenzen. Deshalb bin ich für mehr Regulationen auf den Finanzmärkten. Bin ja ziemlich Schwellenländer interessiert mit einem Schwerpunkt auf Lateinamerika. Und das ist durch über die Jahre offene und erstaunlich haltbare Freundschaften unterfüttert. Dort hat es Finanzkrisen mit für die Bevölkerung viel katastrophaleren gegeben und meine Freunde gehören nicht der Oberschicht an, die dagegen eher immun ist. Und nun hat es uns gringos getroffen. No somos perfectos nosotros los gringos, cierto? (wir sind eben auch nicht perfekt). Und jeder Versuch, eine Perfektion anzustreben, würde in eine Diktatur führen. Aus der Erfahrung dieser Krisen ergibt sich für mich btw. eher der Schluß, dass eine Finanzmarktkrise eben auch nicht so heiß ausgelöffelt wird wie zur Zeit Hierzulande einige zu denken scheinen.
Natürlich kann der Staat gewisse Anreize für Investitionen geben. Ich find z.B. unsere Unterstützung für Energie-Einsparung und regenerative Energien insgesamt ok. Nur kann ein Staat VERDAMMT, VERDAMMT, VERDAMMT noch mal nicht hingehen und mit dem Rechenschieber nachrechnen, wieviel "Mehrwert" (ein Begriff eines obskuren Publizisten aus dem 19. Jhdt, btw) irgendwelche Handlungen nun erzeugen. Das läuft einfach nicht. Es gab sehr viele Versuche solche "gerechten" Systeme aufzubauen. Genau an diesen massiven Eingriffen in die relativen Preise ist die DDR zugrunde gegangen. Und Indien vor 92, China unter Mao, Viet Namh vor der Öffnung der 90er, Argentinien unter Peron, Chile unter Allende, Mexiko 1982, Peru unter Alan García in den 80ern, Brasilien in den frühen 60ern, Nicaragua unter Ortega und und und.
Ich bin insoweit nicht-liberal, dass ich an Marktunvollkommenheiten glaube. Bin da wirklich nicht in einer Linie mit hardcore-Libertären sondern eher so Krugman und Stiglitz. Staatliche Anreize können funktionieren. Ausserdem müssen in vielen Märkten staatliche Regulierungen her, um Marktunvollkommenheiten auszugleichen. ABER FREAKING NICHT um ein "gerechtes" System zu generieren. Sondern um Bereiche zu unterstützen, in der in der Zukunft viele Bimbes zu erwarten sind. Da muss natürlich ständig hinterfragt werden, ob die Investitionen wirklich Sinn machen. Wieviel ist in den letzten 200 Jahren über Entwicklungs-Ökonomie geschrieben worden? Ich hab ganze Regale voll von dem Zeug und viel hab ich weggeschmissen.
And The Winner is?
Südkorea. Ein in den 50ern bitterarmes, unterentwickeltes Reißbauernland, das lange Zeit von einer Militärjunta beherrscht wurde mit den genretypischen regelmässigen Studentenprotesten. Südkorea ist nun ein hochentwickeltes und hochgebildetes Land mit einer Menge Wohlstand und einer Demokratie. Will damit nicht sagen, dass ich irgendwie für Militärdiktaturen wäre. Überhaupt nicht. Hab mich durch eine Menge Berichte von Menschenrechtsorganisationen gelesen. Die Südkoreaner hatten aber im rein wirtschaftlichen Bereich ein sehr gut funktionierendes System. Und das beruhte weder auf freien Märkten noch auf komplexen Gerechtigkeitsspekulationen darüber wer welchen "Mehrwert" erzeugt. Die haben darauf geachtet, welche Dinge in Zukunft viel Bimbes versprechen, sich darin Mühe gegeben (inklusive staatlicher Mittel) und haben das permanent überwacht. Wenn sich was als Fehlkalkulation abzeichnete, wurden die Mitte direkt gestrichen, ohne großes mitfühlendes Palaver a la Gestalten wie Peter Sodann. Natürlich kann man das nicht 1 zu 1 auf die Bundesrepublik anwenden. Aber die Richtung stimmt aus meiner Sicht.
und die Mehrwert produzierende Szene zu unterstützen.
Wie oben gezeigt, erfüllt der Finanzmarkt eben auch Bedürfnisse. Der Regulierungsrahmen kann verändert werden. Diese Reformen haben übrigens die ach so chaotischen Latino-Regierungen von Brasilien und Chile vor Jahren durchgefüht. Eben weil deren Erfahrung einer Finanzmarkt-Katastrophe relativ frisch war. Unsere letzte lag 75 Jahre zurück. Übrigens hat eine gewisser Regierung, deren Präsident immer im roten Hemd auftritt, existierende Sparfonds für Zeiten hoher Rohstoffpreise in einem gewaltigen Ausmaß ausgeplündert und im Zuge seiner Komödian eh Regierungstätigkeit die Abhängigkeit von dem einen Exportprodukt unverantwortlich erhöht.
Wenn man sehen will, wie schief, wie krank das ganze System ist, ist schon der Blick auf den Rohölmarkt erhellend: In reichlich einem Jahr ist der Rohölpreis um mehr als 100% in die Höhe geschossen (und in wenigen Tagen ebenso wieder gefallen). Bei aller Wut unsererseits: Haben wir das an den Benzinpreisen nachvollziehen können? Nein, konnten wir nicht. Wir hatten Sprünge von 1,20 bis auf 1,55 EUR (für die Freunde östlich des Walserberges und zur Erläuteruung vieler meiner Tankquittungen: 0,95* bis 1,35 EUR). Was hatte das mit Preissteigerungen von unter 70 auf rund 150 EUR für das Barrel Rohöl zu tun? Richtig, es ist krank und nicht nachzuvollziehen.
Wieso? Der volatile Rohölpreis sendet doch ein insgesamt gesundes Signal an die Marktteilnehmer. Die Erdölvorräte sich endlich. Ausserdem besteht das Risiko von Klimakatastrophen durch zu viel CO2 Emission. Ausserdem erzielen Riesenarschlöcher in Nigeria, Iran und einem gewissen Land am Orinoco gewaltige windfall profits aus dem Erdölgeschäft. Die Volatilität des Ölpreises gibt unserer Wirtschaft das Signal, nach Alternativen zu suchen. Eine gute Sache. Krank ist anders.
Im übrigen ist die Mineralölsteuer relativ fix. Dies dämpft die Preisausschläge des Erdölpreises für den Endverbraucher. Im übrigen werden die Erdölpreise in Dollar angegeben und an der Tankstelle zahlen wir Euro und der Dollar hat sich im letzten Jahr stark prozyklisch zum Ölpreis bewegt. Auch dies federte die Preisausschläge etwas ab.