Autor Thema: Staatsschulden  (Gelesen 8372 mal)

Offline flaite

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Re: Staatsschulden
« Antwort #20 am: 22.08.08 - 19:47:12 »
Ich wüßte nicht, wo die LINKE anti-Establishment wäre.
Die produzieren polarisierenden Ideologie-Unsinn im Stile des 20. Jhdt. Wirklich erfolgreiche Staaten besitzen ein ideologisch eher niedriges Profil.
Von skandinavischen Sozialdemokraten hörst du kein großes Zetern über den bösen Westen oder den Neoliberalismus.
Wirklich gute Kritik-Anstöße kommen für mich von
- Paul Krugman
- Joseph Stiglitz
- Ha-Joon Chang
Das ist meilenweit entfernt vom lauwarmen und schlecht durchdachten Populismus der LINKEN oder der Libertären. In sich plausibel aber völlig falsch.

Die ideologischen Debatten lenken von einer pragmatischen Anpassung dieses Landes an die sich nun einmal veränderten Rahmenbedingungen nur ab. Dies soll natürlich auch Unterstützung von Bevölkerungsgruppen, die gefährdet sind, unter die Räder zu geraten, beinhalten. Nur ist dieser Klassenkampf einfach nicht zielführend. Dieser revolutionöre Wille alles ändern zu wollen sowieso nicht. Und dieser naive Kinderglaube, der Staat wäre grundsätzlich schlecht auf der anderen Seite auch nicht. Schliesslich haben wir auch linke Themen zu lösen. Z.B. hat die Durchläßigkeit dieser Gesellschaft für ärmere Schichten in den letzten Jahren überhaupt nicht funktioniert. Und ich hab türkischstämmige Kollegen, deren Eltern aus Anatolien stammen. Nur gehören solche Leute zunehmend einer Minderheit an. Beide meiner Großväter waren spätestens ab ihren 40ern einfache Arbeiter.

Ich würds auch einfach nicht zu schwarz malen. Viele Leute sind sich einfach der Unterschiede in persönlicher Abgesichertheit zwischen hier und selbst mittel-wohlständigen Ländern in Osteuropa und Lateinamerika einfach nicht bewußt. Und in der Verschuldung der öffentlichen Haushalte gabs eher eine positive Entwicklung. Gerade die Kommunen haben das viel besser in den Griff bekommen. Ich rechne damit, dass sich der  Druck auf den Arbeitsmarkt einfach schon durch den Aufholprozeß in Osteuropa etwas lindern wird. Der war natürlich extrem, in den letzten Jahren. 

Einfache Patentlösungen gibts eh nicht. Die Länder mit einer langfristigeren, nachhaltigen positiven Entwicklung wie z.B. Südkorea oder in gewisser Hinsicht auch Chile oder meinetwegen Brasilien folgen einfach keiner klaren, einfachen ideologischen Linie. Es ist ein permanentes Abwägen. Keine großen Wahrheiten oder "Kampf" gegen den "status quo". Ich denke Skandinavien funktioniert ähnlich. Das ist für mich Politik. Und nicht diese in sich plausibel aber völlig falsch argumentierenden Radikalinskis von egal welcher Seite.
Das macht venezoelanische Politik gerade so interessant. Da hat ein Radikalinski die Macht, besitzt gute Umstände (Ölpreis), hat ein großes emphatisches Talent. Nur ist seine Politik absolut nicht zielführend und ist auf die Art in Lateinamerika schon mehrmals gegen den Baum gefahren. Davon sind wir gottseidank weit entfernt.

Mein Problem mit Ostdeutschland ist nicht das fehlende Geld, sondern mehr die Tatsache, dass weite Bevölkerungsteile sich einfach nicht zugehörig fühlen. Neues Deutschland - sicher nicht von allen aber viel gelesen - agitiert geradezu gegen Dinge, die ich als z.T. durchaus schützenswerte Tradition ansehe. Die kamen natürlich dazu, als die Bundesrepublik aus verschiedenen Gründen auf problematische Zeiten zusteuerte. Kleinere Länder proftitierten von dem europäischen Einigungsprozeß und Euro vielleicht stärker wie wir. UK war irgendwie wacher.
« Letzte Änderung: 22.08.08 - 19:54:33 von Axel Janssen »
Ich stimm nicht mit allen überein, aber mit vielen und sowieso unterhaltsam -> https://www.youtube.com/channel/UCr9qCdqXLm2SU0BIs6d_68Q

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Re: Staatsschulden
« Antwort #21 am: 23.08.08 - 12:10:29 »
Natürlich weiß ich nicht, ob der Herr Tiefensee, dass nicht doch reflektiert hat.
Jedenfalls kam das bei mir nicht so an.
Und ob das nun sinnvoller ist den Soli zu streichen oder anderen Zwecken zukommen zu lassen weiss ich auch nicht.
Erschreckend fand ich eben nur, dass bei mir der Eindruck entstand, dass über Steuerentlastungen nicht mal nachgedacht wird, dass denen nicht mehr bewusst ist, woher das Geld kommt, dass sie da ausgeben.
Der "Wenn ich" und der "Hätt' ich" das sind zwei arme Leut'
oder für den Süden:
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Re: Staatsschulden
« Antwort #22 am: 24.08.08 - 19:34:03 »
Würd das schon so werten, dass die einen ausgeglichenen Haushalt anstreben. Für mich war der Haushalt 2007 mehr als ausgeglichen, weil eben das BIP stärker stieg als die Neuverschuldung.
Die Agenda 2010 war für meinen Geschmack erstmal genug Liberalismus.
Dann leisten wir uns noch eine recht teure Industriepolitik bei erneuerbaren Energien/Energieeinsparung. Ich finds eher gut als schlecht.
Ich hätte neben der IKB noch direkt die Landesbanken mitverkauft. Das ist einfach nicht Aufgabe des Staates.
Ansonsten bewirkt die Globalisierung schon so eine Lasten- und Nutzenverteilung, dass man da gewisse ausgleichende Elemente (Sozialstaat) braucht.
Und alles kann der Markt eben auch nicht regeln. Sieht man etwa an der Finanzkrise. Praktisch gabs da schon gewaltige moral hazzard Wirkungen (Leute konnten gewaltige Risiken auf sich nehmen und andree müssen dafür bluten). Das bedeutet selbstverständlich nicht, das gesamte System auszuschütten. Oder bei ca. 30% Umverteilung/BIP rumzuquaken "Verluste werden sozialisiert, Gewinne privatisiert".
Mit Venezuela existiert ja ein Beispiel, in dem die Forderungen der Linken nach Verstaatlichung tatsächlich umgesetzt werden. Die Ergebnisse sind katastrophal und werden jetzt nur für sehr naive Leute durch den Ölpreis verdeckt. Etwa ist die Absenkung von Leuten unterhalb der Armutsgrenze in Vergleich zu früheren Zeiten steigender Ölpreise geradezu lachhaft. Wenn das Land dann vom großen Hurrikan getroffen wird, werden sich die Euro-Linken einen neuen Befreiungshelden suchen, dem sie ganz doll finden können. So sind sie eben.  ???
Wir sollten uns aber einen Weg in der Mitte suchen.
In Chile z.B. gibts eine für Eltern extrem unübersichtliche und potentiell kostspielige Situation im Schulwesen. Keine der kettensägen-massaker-anti-kommunistisch-liberalen bis sozialistisch-liberalen Regierungen konnte das Problem richtig angehen.
Oder China mit seinem anti-liberalen politischen System/Meinungsfreiheit ist öffentliche-Güter-bereitstellmässig wesentlich effektiver als das demokratische und meinungsfreie Indien. Für outcasts im Bundesstaat Bihar wärs umgekehrt besser. Hätte Südkorea 1960 einem wirtschaftspolitischen Liberalismus gefolgt, wären die heute Reisfarmer.
Ich find, die Debatte sollte weniger aufgeregt sein und sich mehr auf die pragmatischen Details fokussieren.
« Letzte Änderung: 24.08.08 - 19:37:52 von Axel Janssen »
Ich stimm nicht mit allen überein, aber mit vielen und sowieso unterhaltsam -> https://www.youtube.com/channel/UCr9qCdqXLm2SU0BIs6d_68Q

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