Okay, da das jetzt hier Mode wird, im Kreis zu sitzen
Angefangen hat alles während des Studiums (Physik / Astronomie - mit Lehramt). Da haben wir im Rahmen der Ausbildung auch noch bitweise "Computer" programmiert und somit die wirklichen Grundlagen gelernt.
Dann bekam mein Vater die Ehrendoktorwürde der Universität Umea vom schwedischen König verliehen. Dafür gab es dann auch mehr Reisespesen, und mein Vater brachte mir einen recht leistungsfähigen programmierbaren Taschenrechner (Sanyo?) mit. Faszinierend! Und damals entwickelte sich wohl schon mein Wahlspruch: "Ein guter Programmier muss faul sein!". Also habe ich mich sechs Wochen hingesetzt und für das astrometrische Praktikum Stern-, Planeten- und Mond-Ortsberechnungen programmiert. Statt bis zu acht Stunden Praktikumsvorbereitung brauchte ich plötzlich nur noch drei Minuten. Meine Kommilitonen natürlich auch - und meine Bierversorgung war bis zum Ende der Praktika gesichert
Später kam ein C-64 dazu (natürlich), dann ein Thompson Schlagmichtot, ein 16-Bitter, auf dem ich eigentlich nur Maschinensprachenprogrammierung geübt habe.
Nach dem Studium wurde mir überraschend eine Stelle beim Verteidigungsministerium (also das im Osten ...) angeboten, ich konnte auf einmal selbst in der Welt (West, Nord, Süd und manchmal Ost) reisen - und es hatte sehr stark mit wirklich aktueller Computertechnik zu tun. Der Lernfaktor war gewaltig - nicht nur, was Computer angeht.
Das habe ich zweieinhalb Jahre gemacht, aber das konnte aus den verschiedensten Gründen nicht lange gehen. Im zweiten Jahr habe ich geheiratet - und war in diesem Jahr genau sechs Wochen in Deutschland (Ost). Ich wurde dann "Chefentwickler" in einem sehr grossen Forschungsinstitut in meiner damaligen Heimatstadt. Pascal und Assembler waren Mittel der Wahl, Programme geschrieben, die wegen des DDR-Rechnermixes sowohl unter MS-DOS als auch unter CP/M liefen (dafür wurde CP/M auch gepatcht). Sehr lehrreiche Zeit, mir wurde auch genügend Freiraum gelassen dafür. Und Not macht erfinderisch. Ich war ja mittlerweile besseres gewöhnt
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Da ich aus dem Elternhaus und nun mittlerweile auch aus genügend eigenem Erleben tiefschürfend wusste, wie es in West und Ost zugeht, habe ich sofort nach der Wende die Gelegenheit beim Schopf gepackt und mich selbständig gemacht - zusammen mit zwei Ex-Kollegen als Generalist, als "Systemhaus". Das Geschäft wuchs schnell, nach einem Jahr waren wir schon bei 1 Mio Umsatz, die Zahl der Mitarbeiter stieg. Mein Feld war wieder die Software-Entwicklung, darunter für grosse Wohnungs- und Bauämter.
1992 lernte ich dann auf der CeBit bei einer Firma aus St. Gallen (Alphatrain - nein, nicht mit der Firma von Ulrich-Thomas Lossa zu verwechseln) Notes 2.0 kennen. Gelesen hatte ich davon (was damals nicht einfach war - viel wurde noch nicht berichtet). Zwei Wochen später war ich in der Schweiz und habe für 12.000 SFr 1 Notes-Server (ja, der hiess damals noch so!) und 10 Clients gekaut. In Deutschland ging das zu der Zeit noch nicht - Notes wurde aus strategischen Gründen nur LKW-weise an Grosskunden geliefert.
"Schnell" (so nach drei Monaten war ich soweit, das damals vollkommen neue System halbwegs zu verstehen entstanden) eigene Applikationen für die eigene Firma und für erste Kunden, darunter ein Landratsamt. Es begann aber auch der Ärger mit den Mitgesellschaftern: "Brauchen wir so was? Das können wir doch gar nicht gleich verkaufen! Hast Du schon Kunden?".
Im selben Jahr stieg unsere Firma auf mein Betreiben (ich war immerhin Gründer und Chef ...) auch noch in das Geschäft mit betriebswirtschaftliche Software ein (Investitionen von 155.000 DM), und obwohl sich das bereits nach 12 Monaten amortisiert hatte - bei einer schwarzen Null in der Jahresbilanz, und das war niemals rot - darauf bin ich sehr stolz), eskalierten jetzt die Auseinandersetzungen zwischen der Lösungsanbieter-Fraktion und den "Boxen-Schiebern". Mit Ende 1993 habe ich dann meine eigene Firma verlassen - es hatte einfach keinen Zweck mehr.
Während ich eigentlich erwartet hatte, erst mal "saudumm dazustehen", wurde ich statt dessen mit Angeboten wirklich überhäuft. Kurzfristig habe ich erst mal als IT-Verantwortlicher eines regionalen Busunternehmens dessen IT aufgebaut (und fleissig programmiert, u.a. Dienstplanabrechnungsprogramme). Dann kam ebenso unerwartet im April 1994 das Angebot, die IT für ein Pilotprojekt zwischen einem privaten Klinikskonzern und einer sehr grossen Krankenkasse aufzubauen - auf Basis von Lotus Notes. Bereits am 1. Mai 1994 habe ich dort angefangen - in Inzell / Oberbayern. Unsere Kinder waren erst drei und vier Jahre alt, also ein sehr günstiger Zeitpunkt, um woanders neues aufzubauen.
Die Finanzierung des Projekts war aber sehr blauäugig aufgebaut, meine Gegenrechnungen waren wohl auch ein ziemlicher Schock. Mich traf das aber nicht mehr - noch im gleichen Jahr wurde ich als IT-Chef des noch jungen Kliniks-Konzerns bestellt. Und da war noch nahezu alles neu aufzubauen - eine ideale Situation. Und da gab es dann gleich überall Notes-Server (die hiessen immer noch so! Aber dann kam ja auch die Version 4.1 und der Domino).
Nach fünf Jahren bei der Kliniksgruppe wurde dort die Managementsituation ... nun, sagen wir mal: Schwierig. Einiges wurde mir immer unheimlicher, etliche Entscheidungen unverständlich.
Ich habe mich daher vom Acker gemacht und die Notes-Entwicklung bei einem damals grossen Systemhaus (was kurz darauf während des Börsenbooms noch sehr viel grösser wurde) übernommen. Anfangs eine tolle Zeit, die ich immer (und meine Kollegen!) in wirklich allerbester Erinnerung behalten sollte. Aber die Dotcom-Blase, der Grössenwahn, neue zugekaufte Manager ... Ich habe das nie verstanden. Tolle Projekte haben wir im Notes-Bereich damals gemacht, ich habe wieder enorm viel gelernt (Notes & SAP, Notes & Oracle u.v.m. - meist learning bei doing), aber irgendwann schrumpfte die Mannschaft und schrumpfte, immer mehr blaue Briefe. Anfang 2004 war ich der letzte Notes-Entwickler, ich habe wie früher schon alles alleine gemacht (auch den Vertrieb) und habe mir gesagt: "Blödsinn, dann kannst Du jetzt auch alles alleine machen!".
Gesagt, getan, eigene Firma gegründet (die es bis heute gibt). Zum Jahresende 2004 war aber klar: Alleine ist das alles nicht mehr zu schaffen - es lief "zu erfolgreich".
Die Frage stand: Leute einstellen oder eine Kooperation suchen. Und da habe ich einen fatalen Fehler gemacht und mich einem "aufstrebenden Groupware-Unternehmen" aus Wien angeschlossen, was im ersten Jahr hervorragend funktioniert hat, aber dann mehr und mehr zentralisierte und vor allem wieder extrem kurzfristig dachte. Ich fand mich dann 2006 auch in Wien wieder. Wien und die Wiener waren toll (und haben meine Austrophobie weiter gefördert
), ich hatte fast ausnahmslos nur tolle Kollegen (von denen jetzt kaum noch jemand bei der Firma ist), aber die Vorstellungen der Firma kollidierten mit meinen immer mehr. Ein Zitat, was mir sehr zu denken gegeben hat: "Bernhard, Du kalkulierst bei Deinen Projekten eiserne Wasserhähne, lieferst aber goldene!". Ich kam nicht nur mit den Qualitätsvorstellungen nicht klar, sondern auch nicht mit der betriebswirtschaftlichen Denke (ich erinnere an meinen oben schon mal genannten Wahlspruch und ergänze ihn um den wesentlichen Teil: "Der gute Programmierer ist faul. Er arbeitet zunächst wie verrückt - und kann dann und deshalb ohne grosse weitere Arbeit viele Kunden glücklich machen.").
Langer Rede, kurzer Sinn: Vor über einem Jahr habe ich ein Einschreiben mit Rückschein nach Wien gesandt und war binnen vier Wochen wieder mein eigener Herr.
Naja, so ganz nicht (gute Kooperation bedeutet ja auch gemeinsame Entscheidungen), aber das ist gut so: Zusammen mit anderen Kollegen der Szene - und die gehören zur Elite - arbeite ich kooperativ, wir können Leistungen bieten wie viele grössere Firmen nicht. Kooperationsvereinbarungen sind jetzt sogar abgeschlossen mit einer sehr grossen Firma im IBM-Umfeld - dort arbeiten ja auch etliche meiner wirklich guten Kollegen. Wichtig ist, dass man weiss, woher man das Beste bekommt, wenn man es auf einem Gebiet nicht selbst liefern kann. Und das ist gut so, und es ist sehr, sehr erfolgreich. Seit 2004 liefere ich auch Code für andere Entwickler / Firmen zu, die sich dadurch auf ihr Kerngeschäft konzentrieren und sich aus meiner "Werkzeugkiste" bedienen können. Auch das ist eine sehr schöne Zusammenarbeit, die viel neues bietet und sehr viel Spass macht.
Ich habe übrigens seit 1992 (also von Anfang an) keine Zertfiizierung gemacht. Ich würde das sofort ändern, wenn sich hieraus ein unmittelbarer oder mittelbarer Nutzen ergeben würde. Ich habe sehr früh gelernt, dass die eigentliche Prüfung beim Kunden (intern oder extern) stattfindet. Andererseits habe ich Leute kennen gelernt, die zwar Zertifikate "bis zum Abwinken" haben, aber deren Arbeit ich dann reparieren darf (immer ein undankbares Geschäft! Kunde: "Warum muss ich dafür jetzt nochmal bezahlen??"). Wiederum andererseits haben Kooperations-Kollegen von mir, die auch meine Kunden glücklich machen, schon Rekorde aufgestellt bei CLP-Prüfungen (letztens R7-Update Admin in 6 Minuten, ein anderer in 12 Minuten. Ersteres ist wohl Rekord in Österreich).
So, das war jetzt ein langes Machwerk. Ich finde es aber gar nicht schlecht, wenn man sich hier bei AtNotes - wenn man denn schon gemeinsam Probleme miteinander löst - besser kennt.
Bernhard